Was ist GABA?
Gamma-Aminobuttersäure, kurz GABA, ist der wichtigste hemmende Neurotransmitter unseres zentralen Nervensystems. Er dämpft oder verhindert die Signalweiterleitung unseres Gehirns und schafft damit den Ausgleich zu seinem stärksten Gegenspieler, dem aktivierenden Neurotransmitter Glutamat.
GABA ist eine Aminosäure, die unser Körper aus Glutamin herstellt. Sie dient als Botenstoff und bindet an sogenannte GABA(A)- und GABA(B)-Rezeptoren. Werden diese Rezeptoren aktiviert, hat das in unseres Körper verschiedene Wirkungen. Vor allem wirkt GABA beruhigend, hilft uns, zu entspannen und einzuschlafen. Darüber hinaus hat es angstlösende, schmerzlindernde, entkrampfende und stresshemmende Effekte.
Das Gehirn ist allerdings nicht der einzige Organ, an dem GABA produziert wird. Im Darm und in der Bauchspeicheldrüse, dem Organ, das den Blutzuckerspiegel reguliert, erfüllt der Botenstoff ebenfalls wichtige Aufgaben.
Zudem schwören manche Sportler auf die Supplementierung mit GABA. Es ist bekannt, dass GABA die Ausschüttung des Wachstumshormons Somtatropin (human growth hormon) fördert. Es wirkt anabol und hat eine muskelaufbauenden Effekt.
GABA in der Medizin
Dass GABA wichtig für unseren Schlaf ist, ist schon lange bekannt. Forscher*innen haben beobachtet, dass Patienten mit einer chronischer Schlaftstörung im Schnitt 30 Prozent niedrigere GABA-Konzentrationen im Gehirn aufweisen als ihre gesunden Mitmenschen. Ob der GABA-Mangel in dem Zusammenhang Auslöser oder Folge vom Schlafmangel ist, ist noch nicht geklärt.
Fest steht, dass eine Aktivierung der GABA-Rezeptoren bei Schlafstörungen extrem wirksam ist. Das zeigt eine Vielzahl von Schlafmedikamenten, die in den GABA-Haushalt eingreifen. Ein Beispiel sind die verschreibungspflichtigen Benzodiazepine, die außerdem bei Angstzuständen, epileptischen Anfällen oder als Narkosemittel eingesetzt werden.
Man könnte meinen, damit wären ein zuverlässiges Schlafmittel für das Zehntel der Deutschen gefunden, das schätzungsweise unter einer behandlungswürdigen Ein- oder Durchschlafstörung leidet. Kurzfristig sind Benzodiazepine wie Lorazepam (Tavor) oder Midazolam (Dormicum) tatsächlich sehr potente Schlafmittel. Auf lange Sicht richten sie häufig mehr Schaden an, als dass sie nutzen.
Benzodiazepine und Benzodiazepinähnliche Substanzen haben ein lange Liste von Nebenwirkungen und ein sehr hohes Abhängigkeitspotential nach nur wenigen Einnahmen. Sie können die Fahrtauglichkeit beeinträchtigen und sind für ältere Menschen generell kontraindiziert.
Chronische Schlafstörungen sollten mit Maßnahmen behandelt werden, die nicht den Rattenschwanz einer Medikamentenabhängigkeit nach sich zieht. Und so ist die Überlegung auf natürliche Weise auf unseren GABA-Haushalt einzuwirken, naheliegend. Neben bewährten pflanzlichen Mitteln wie Baldrian, das ebenfalls die Wirkung von GABA verstärkt, kam die Idee auf, GABA selbst könne ein potentes Schlafmittel sein.
GABA als Nahrungsergänzungsmittel: Verbessert es unseren Schlaf?
Seit einigen Jahren wird GABA nun als Nahrungsergänzungsmitel angeboten. Auf diese Weise soll es möglich sein, den GABA-Spiegel zu erhöhen und den Schlaf zu verbessern ohne abhängig zu machen.
Die Resonanz ist gut: Im Internet berichten viele Schlafgeplagte, dass sie gleich nach der ersten Einnahme schneller einschliefen, durchschliefen und GABA in stressigen Phasen nicht mehr missen wollen. Ist das nur der Placebo-Effekt?
Eine entscheidende Frage kommt im Zusammenhang mit der Supplementierung des Neurotransmitters allerdings immer wieder auf: Gelangt oral eingenommenes GABA überhaupt bis ins Gehirn?
Die Blut-Hirn-Schranke: eine unüberwindbare Barriere?
Das Gehirn versucht sich als wichtigste Zentrale vor toxischen Substanzen zu schützen und hat deshalb Blutgefäße, die etwa 100 mal undurchlässiger sind als die Gefäße an anderen Stellen unseres Körpers. Nur sehr kleine, lipophile Moleküle und Moleküle, für die es einen passenden Transporter gibt, können die Blut-Hirn-Schranke überqueren.
Vom Schlafhormon Melatonin weiß man, dass es das kann. Als Einschlafhilfe hat sich Melatonin daher längst etabliert. Was GABA angeht, herrschte unter Wissenschaftlern*Wissenschaftlerinnen lange die Meinung, GABA - als relativ großes Molekül - könne die Blut-Hirn-Schranke gar nicht überwinden.
Studien der letzten Jahre zeigen dennoch Effekte von GABA als Nahrungsergänzungsmittel. Bei einem Experiment mit 36 Teilnehmern wurden untersucht, wie sich die orale Einnahme auf den Stress der Probanden auswirkt. Bei Probanden, die GABA anstatt eines Placebos einnahmen, zeigte das Elektroenzephalogramm (EEG) nach Stresstests weniger Alpha- und mehr Beta-Wellen. Alpha-Wellen sind normalerweise zu sehen, wenn jemand entspannt ist und die Augen geschlossen hat. Beta-Wellen sind eher ein Zeichen für aktive Konzentration oder Ängstlichkeit.
Probanden einer anderen Studie berichtet von weniger geistiger und körperlicher Erschöpfung, wenn sie GABA einnahmen, bevor sie eine Aufgabe lösen mussten. Die Level des Stresshormons Cortisol waren deutliche niedriger als die der Probanden, die einen Placebo erhielten.
Die These, GABA könne die Blut-Hirn-Schranke nicht überqueren, gilt nicht mehr unangefochten.
Die These, GABA könne die Blut-Hirn-Schranke nicht überqueren, gilt ebenfalls nicht mehr unangefochten. Eine Arbeitsgruppe hat einen Transporter in den Blutgefäßen des zentralen Nervensystems gefunden, der GABA ins Gehirn und aus dem Gehirn herausbringen kann. Die Rate an GABA-Molekülen, die aus Gehirn herausgeschleust werden, war in den Versuchen allerdings 17 mal höher als die der Moleküle, die von außen hereinkamen.
Unser zweites Gehirn
Wissenschaftler*innen haben allerdings noch einen spannenden Erklärungsansatz. Oral eingenommenes GABA könnte über das enterische Nervensystem, das Nervensystem unseres Darms, Prozesse unseres Gehirns beeinflussen.
Nicht umsonst wird der Darm als zweites Gehirn bezeichnet. Sein einigen Jahren, weiß man, dass unser Magen-Darm-Trakt längst nicht nur eine Verdauungsabteilung unseres Körpers ist. Das enterische Nervensystem ist ein komplexes Netz aus Nervenzellen, das völlig autonom unsere Verdauuung steuert. Gleichzeitig kommunziert es ständig - zu einem großen Teil über den parasympathischen Vagusnerv- mit unserem Gehirn.
Es konnte zum Beispiel gezeigt werden, dass das Mikrobiom des Darms einen Einfluss auf unsere Stimmungslage hat. Von einigen Bakterienstämme, den Lactobacillus und Bifidobakterien, weiß man, dass sie GABA produzieren und die Konzentration von GABA im Darm erhöhen.
Von einigen Bakterienstämme, den Lactobacillus und Bifidobakterien, weiß man, dass sie GABA produzieren und die Konzentration von GABA im Darm erhöhen.
In einem Versuch fütterten Wissenschaftler*innen Mäuse mit Bakterien des Stammes Lactobacillus und stellten tatsächlich fest, dass diese weniger ängstlich waren. Das Bakterium, das GABA erhöht, hatte wie ein Antidepressivum gewirkt - ohne direkt ins Gehirn zu gelangen. Dabei spielte die Kommunikation über den Vagusnerv zwischen Bauch und Gehirn eine entscheidende Rolle. Bei Mäuse, deren Vagus durchtrennt worden war, änderte sich die Stimmunglage hingegen nicht.
Fazit
Zum einen gibt es Hinweise, dass GABA übers Blut ins zentrale Nervensystem gelangt, wenn wir es als Tablette oder Pulver schlucken. Zum anderen besteht de Möglichkeit, dass der Botenstoff unsere Stimmung und unseren Schlaf indirekt über unseren Darm verbessert.
Es ist wie immer in der Wissenschaft viel komplizierter als man es zu Anfang vermutet. Es lohnt sich kritisch zu sein, gerade was Nahrungsergänzungmittel angeht. Die Einnahme von GABA führt nicht zwangsläufig dazu, dass dieses GABA dirket im Gehirn ankommt.
Die Einnahme von GABA führt nicht zwangsläufig dazu, dass dieses GABA dirket im Gehirn ankommt.
Einen Versuch wert
Es gibt keine validierten, groß angelegten Studien, die den positiven Effekt von GABA als Schlafmittel belegen. Wenn du jedoch schon länger unter Schlafproblemen leidest und testen möchtest, ob du eine Wirkung spürst, folgt hier eine kurze Anleitung:
- Tee
- Kapseln
- Tabletten
- Pulver
- Lutschtabletten
- Menschen mit Schlafproblemen
- Ängstilche Menschen
- Sportler*innen
Wegen geringer Studienlage nicht zu empfehlen für:
- Schangere
- Frauen in der Stillzeit
- Kinder
- Menschen, die körperlich nicht gesund sind, und zum Beispiel unter einer Leber- oder Nierenfunktionsstörung leiden
- Menschen, die andere Schlafmittel einnehmen, vor allem Benzodiazepine, Z-Substanzen, Barbiturate und andere Medikamente, die auf den GABA-Stoffwechsel Einfluss nehmen
Potentielle Nebenwirkungen:
- Kribbeln (bei Überdosierung)
- Schneller Herzschlag
- Magendarmbeschwerden
- Immer an die vom Hersteller empfohlene Dosierung halten!
Was willst du noch über GABA wissen? Schreib uns.
Häufige Fragen zum Artikel
GABA (Gamma-Aminobuttersäure) ist der wichtigste hemmende Neurotransmitter unseres zentralen Nervensystems. Er ist an der Regulation von Schlaf, Entspannung, Stimmungslage und Immunsystem beteiligt.
GABA ist eine Aminosäure, die Gehirn und Bauchspeicheldrüse aus Glutamin herstellen. Sie bindet an GABA(A) und GABA(B)-Rezeptoren und wirkt entspannend, angstlösend, schmerzlindernd, entkrampfend und antientzündlich.
Einige Studien haben festgestellt, dass Probanden*Probandinnen nachweislich weniger gestresst waren und veränderte Gehirnaktivität im EKG zeigten, nachdem sie GABA eingenommen hatten. Die genauen Wirkmechanismen sind noch unbekannt. Weiter Studien müssen klären, wie und in welchen Mengen GABA die Blut-Hirn-Schranke überqueren kann.
Lange ging man davon aus, dass die Blut-Hirn-Schranke für GABA undurchlässig ist. Mittlerweile wurde ein Transporter entdeckt, der allerding eher dafür sorgt, dass GABA aus dem Gehirn heraustransportiert wird. In sehr geringen Mengen lässt er GABA aber wohl auch ins Gehirn. Außerdem könnte es sein, dass oral eingenommenes GABA über das Nervensystem des Darms einen Einfluss auf unser zentrales Nervensystem hat.
Nach der Einnahme von GABA berichten einige Menschen von einem Kribbeln, häufig im Gesicht, einem schnelleren Herzschlag und selten auch von Magendarmbeschwerden. Halte dich an die Dosierungsempfehlung und lass die von deinem*deiner Arzt*Ärztin beraten.