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Schlafmittel

Einschlafhilfen: Rotwein, Melatonin, Baldrian und Co

Benito Schilling

Veröffentlicht von Benito Schilling am 08.05.2019

Rund 80% aller deutschen leiden unter Schlafstörungen!

Behauptet wird dies vom Schlafforscher Professor Doktor Walter Müller von der Universität Frankfurt am Main. Bestätigt wird er unter anderem durch den DAK-Gesundheitsreport, welchem die Information zugrunde liegt, dass mittlerweile jeder zweite Deutsche rezeptfreie und beziehungsweise oder rezeptpflichtige Schlafmittel - entweder in der Apotheke oder in der Drogerie - erwirbt. Einschlafhilfen liegen also voll im Trend. Die Frage bleibt jedoch offen, welche Mittel unbesorgt einzunehmen und welche eher schädlich für uns sind. Sollten wir lieber nur bei dem “alt-bewährten” Glas Rotwein bleiben, oder vielleicht doch gelegentlich zur Schlaftablette greifen?

Alkohol als Einschlafhilfe

Alkohol kann tatsächlich dafür sorgen, dass wir durch dessen Konsum ein Gefühl von Müdigkeit vermittelt bekommen. Dies hat etwas mit der sedierenden Wirkung zu tun. Schlafforscher des Londoner Sleeping Centers haben nun in einer aufwändigen Studie herausfinden können, dass Alkohol, wohlgemerkt bei vermehrtem Konsum, unseren Schlafzyklus massiv beeinflusst. Unsere Nacht kann demnach in zwei Schlafphasen eingeteilt werden.

Die erste Phase ist der Zeitraum, in dem unser Körper noch so sediert ist, dass wir uns in der Tiefschlafphase befinden. In dieser Phase träumen wir auch nicht. Vielmehr geben wir hier unserem Körper Zeit, sich auf die Verarbeitung des ihm zugeführten Alkohols zu konzentrieren. Sobald der Promillegehalt im Blut abgebaut wurde, könnten wir in die Traumphase einsteigen, hier beginnt die zweite Phase.

Die zweite Phase ist von einem wachmachenden Effekt geprägt. In dieser fällt es uns eher schwer, in den Schlaf zu finden. Hier erfährt unser Körper, durch den nun regulierten Promillegehalt, eine eher aufmunternde anstatt einer betäubenden Wirkung. Viele berichten in dieser Phase auch von Herzrasen und einem Durstgefühl. Das Herzrasen entsteht durch den Restalkohol im Blut und das Durstgefühl ist der dehydrierenden Wirkung des Alkohols geschuldet.

Um in den Schlaf zu finden, raten Forscher daher dringend vom Alkoholkonsum ab. Das gesunde kleine Glas Rotwein am Abend hat zwar gute Auswirkungen auf das Herz-Kreislauf-System, als Einschlafhilfe taugt es leider nicht. Übrigens hat das Glas Rotwein nur gesunde Auswirkungen auf das Herz-Kreislauf-System und geht mit negativen Auswirkungen auf zum Beispiel den Magen einher.

Ein geselliger Abend mit Rotwein und Freunden kann natürlich positive Auswirkungen auf den Gemütszustand und das Stresslevel haben. Jedoch sollte man sich bewusst machen, dass Alkohol eine extern zugeführte Substanz ist, die eine toxische Wirkung hat und nach dessen Einnahme unser Körper Energie aufbringen muss, um uns wieder in den Normalzustand zu befördern. Insbesondere im stressigen Alltag kann dies daher zu unproduktiven und schmerzreichen Folgetagen führen.

Antihistaminika

Die beliebteste Methode um das Einschlafen zu erleichtern, ist die Einnahme von Antihistaminika. Zumindest hier bei uns in Deutschland. Diese sind überwiegend frei verkäuflich und basieren größtenteils auf den Wirkstoffen Doxylamin und Diphenhydramin. Die meistverkaufte Einschlaftablette in Deutschland ist die Tablette von Hoggar Night, welche auch auf der Basis des Wirkstoffs Doxylamin entwickelt wurde. Doxylamin sorgt dafür, dass der Botenstoff Histamin - ein bei uns im Gehirn vorhandener und wach machender Stoff - gehemmt wird. Folglich werden wir also müde. Die ursprüngliche Hauptaufgabe der Antihistaminika war es eigentlich, die Symptome ausgebrochener Allergien zu lindern. Bei ausgebrochenen Allergien ist der Histaminspiegel bei uns Menschen erhöht und kann so durch Antihistaminka wieder gehemmt werden. Cetirizin ist hier der bekannteste Arzneistoff.

Benzodiazepine

Benzodiazepine gelten in Deutschland als DIE Substanz, um in den Schlaf zu finden. Hindernis: Sie sind verschreibungspflichtig und machen abhängig!

Meistens werden sie bei psychologisch oder sonstigen neurologischen Erkrankungen eingesetzt und greifen, wie andere Psychopharmaka auch, in unser Wohlbefinden und somit auch in unsere Stimmungslage ein. Der bekannteste Stoff in dieser Gruppe ist Diazepam. Dieser wirkt beruhigend und einschläfernd und ist daher eine effektive Maßnahme, um Schlafstörungen zu behandeln.

Melatonin

Melatonin ist ein Hormon, welches auch als das sogenannte ‘Schlafhormon’ bekannt ist, welches unser Körper auf natürliche Weise - wenn es dunkel wird - produziert. Das Hormon wird bei uns im Gehirn (in der Zirbeldrüse) gebildet und ist an der Regulation unseres Schlaf-Wach-Rhythmus beteiligt.

Ein wesentlicher Vorteil des Hormons ist ganz klar dessen Verwertbarkeit, da es sich hier um einen natürlichen Botenstoff unseres Körpers handelt. Unangenehme Überhangeffekte gehören daher mit Melatonin der Vergangenheit an. Kurzzeitstudien konnten die schlaffördernden Effekte bereits bestätigen. Langzeitstudien stehen zu dem jetzigen Zeitpunkt noch aus und werden uns sicherlich in den kommenden Jahren zur Verfügung stehen. In den Vereinigten Staaten ist Melatonin bereits seit den 90er Jahren auf dem Markt frei erhältlich und kann diverse Erfolge bei der Behandlung von Schlafproblemen verbuchen, was wiederum auch den derzeitigen Trend erklären lässt.

Baldrian und Co

Pflanzliche Einschlafhilfen sind insbesondere in Deutschland sehr beliebt. Warum? Weil extreme Nebenwirkungen ausgeschlossen werden können, sie nicht sonderlich kostenintensiv und frei in Apotheken oder Drogeriemärkten erhältlich sind. Passionsblume, Hopfen, Melisse, Lavendel oder auch Baldrian sind bekannte Substanzen aus dieser Rubrik. All diese Wirkstoffe können eine effektive Einschlafhilfe sein, welche jedoch bei jedem Menschen unterschiedlich intensiv wirken. Studien konnten den Effekt bestätigen und sowohl Kurzzeit- als auch Langzeitschäden ausschließen. Daher ist der Verwendung von pflanzlichen Wirkstoffen bei Einschlafproblemen auch nichts entgegenzusetzen.

Bei akuten Schlafstörungen sind daher per se erstmal pflanzliche Substanzen zu empfehlen. Diese können den gewünschten Müdigkeitseffekt auslösen und halten die Wahrscheinlichkeit, abhängig zu werden, am niedrigsten. Da jedoch die Wirkung vielen nicht effektiv genug ist, kann hier eine Mischform aus Melatonin und pflanzlichen Wirkstoffen die Lösung sein.

Alkohol und Schlafmittel

Vom Alkoholkonsum hingegen ist generell abzuraten, zumindest wenn es um Einschlafhilfen geht. Bei Antihistaminika und Benzodiazepinen ist vor der Einnahme ein Arzt zu konsultieren, welcher mit einem individuell die richtige Therapieform bei Schlafstörungen ermitteln- und die Nebenwirkungen genau erklären kann.

Häufige Fragen zum Artikel

Benito Schilling

Medizinstudent und Schlafexperte

Benito ist Medizinstudent und und interessiert sich für alle Themen rund um Gesundheit, Sport und Schlaf. Sein Nebenjob im Schlaflabor eines Uniklinikums bringt ihn in unmittelbare Nähe von Schlafexperten, Neurologen mit der Zusatzbezeichnung Schlafmediziner, welche er frei heraus zu medizinischen Schlafthemen befragt, sobald er bei seinen Recherchen auf Unklarheiten stößt. Er selbst versucht seinen Schlaf jede Nacht auf's Neue zu optimieren und findet, Schlaf sei aus medizinischer Sicht einer der interessantesten Teile der menschlichen Physiologie. Benito ist unser Experte für alle medizinischen Themen rund um Schlaf, Schlafprobleme und der Physiologie dahinter.

benito@besserschlafen.de