Was ist Melatonin?
Melatonin ist ein körpereigenes Hormon, genauer gesagt ein Neurotransmitter, welches im Gehirn in der Zirbeldrüse, welche auch als Epiphyse oder Glandula pinealis bezeichnet wird, produziert wird. Geringe Mengen werden auch in der Netzhaut des Auges und im Darm gebildet. Ausgeschüttet bei Dunkelheit signalisiert es dem Körper, dass es Nacht ist.
Entdeckt wurde das Schlafhormon 1958 durch den amerikanischen Dermatologen Aaron B. Lerner, welcher bereits die müdigkeitsfördernde Wirkung beim Menschen feststellte.
Entdeckt wurde das Schlafhormon 1958 durch den amerikanischen Dermatologen Aaron B. Lerner, welcher bereits die müdigkeitsfördernde Wirkung beim Menschen feststellte.
Biosynthese
Die Biosynthese unterliegt einer circadianen Rhythmik, also einer inneren Uhr, die ungefähr dem 24-Stunden Tagesrhythmus folgt und vom täglichen Hell-Dunkel-Wechsel beeinflusst wird.
Melatonin wird aus Serotonin synthetisiert, welches wiederum aus der Aminosäure Tryptophan gewonnen wird. Das Schrittmacherenzym der Synthese (N-Acetyl-Transferase), also jenes, welches die Geschwindigkeit der Produktion bestimmt, ist tagsüber weniger aktiv als nachts. Es wird zum einen direkt durch Licht gehemmt und zum anderen durch die körpereigene Rhythmik des Nucleus suprachiasmaticus.
Ausschüttung im Körper
Die Produktion des Schlafhormons wird also durch Licht am Tag gehemmt und nimmt bei Dunkelheit in der Nacht zu. Lichtsinneszellen im Auge registrieren Helligkeit und geben diese Informationen an das suprachiasmatische Kerngebiet weiter, ein bestimmtes Gebiet im Hirn, welches den inneren Taktgeber darstellt und vom Licht beeinflusst wird. Dort hemmt die Information Licht die Ausschüttung von Melatonin. In der Nacht bei Dunkelheit, entfällt diese Hemmung und das Hormon wird vermehrt ausgeschüttet.
Die Melatonin-Konzentration im Blut steigt im Laufe der Nacht an und erreicht gegen circa drei Uhr morgens einen Höhepunkt.
Interessant ist, dass die Hormon-Ausschüttung auch in totaler Dunkelheit einer Rhythmik unterliegt. In Versuchen konnte gezeigt werden, dass die Zirbeldrüsen von Versuchstieren, die in totaler Dunkelheit gehalten wurden, weiterhin rhythmisch Melatonin ausschütteten und so ganz ohne Licht für einen Tag-Nacht-Rhythmus sorgten.
Störungen des Melatonin-Stoffwechsels
Der westliche, moderne Lebensstil richtet sich schon lange nicht mehr nach den eigentlichen Tageszeiten, dem Sonnenauf- und Sonnenuntergang. Für Jahrmillionen schliefen Menschen bei Nacht und Dunkelheit und erledigten im sicheren Tageslicht ihre Arbeit. Insbesondere die Kommunikationsrevolution und die mittlerweile fast überall auf der Welt vorherrschenden Leistungsgesellschaften sorgen für eine Verzerrung des natürlichen Biorhythmus, der inneren menschlichen Uhr. Das Aufstehen lange bevor es hell wird, lange Tage im Büro und das Zubettgehen lange nachdem es wieder dunkel geworden ist, können für Störungen in der natürlichen Melatonin-Ausschüttung sorgen und die hormonale Balance in ein Ungleichgewicht bringen.
Funktion im Körper
Die Hauptfunktion im menschlichen Körper ist die Sicherstellung eines Schlaf-Wach-Rhythmus. Die vermehrte Ausschüttung von Melatonin bei Dunkelheit sorgt für Müdigkeit und induziert Schlaf.
Weiterhin beeinflusst das Hormon eine Reihe anderer Vorgänge im Körper. Es senkt den Stoffwechselumsatz, die Körperkerntemperatur, den Blutdruck und kurbelt die Produktion von verschiedenen Sexualhormonen an. Die körpereigene Abwehr, sowie das Gedächtnis und Lernen sollen auch positiv beeinflusst werden.
Guter Schlaf ist wichtig für das Gedächtnis und das Lernen neuen Wissens und neuer Fähigkeiten. Der Theorie der synaptischen Plastizität nach verändert sich unser neuronales Netz im Gehirn stetig und passt sich neuen Anforderungen an. Ein Großteil dieser Vorgänge scheint während des Schlafes zu passieren, sodass ein gestörter Tag-Nacht-Rhythmus sich negativ auf unsere Neuronen auswirken kann.
Verschiedene Studien weisen darauf hin, dass Melatonin eine Wirksamkeit in der Bekämpfung verschiedener Krebsarten haben könnte. Dabei könnte das Schlafhormon verschiedene Gene und Enzyme im Körper krebskranker Menschen herunterregulieren und so zum Beispiel die Wirksamkeit einer zeitgleich angewandten Chemotherapie stärken. Für einen klinischen Einsatz bedarf es derzeit allerdings noch weiterer Forschung.
Melatonin wird nachgesagt, es könne freie Radikale einfangen. Freie Radikale sind chemische Verbindungen, die in jedem Körper bei physiologischen Vorgängen entstehen können und als schädlich angesehen werden. Stoffe, die freie Radikale einfangen können, gelten als wirksame chemische Verbindungen mit einer positiven Wirkung gegenüber Stress, Altern und Krebs. Die Wirkung des Schlafhormons in diesen Einsatzgebieten ist derzeit Inhalt vieler Studien.
Anwendungsgebiete von Melatonin
Mittlerweile gibt es eine Reihe von Medikamenten und Nahrungsergänzungsmitteln auf dem Markt, welche das Schlafhormon als Inhaltsstoff haben. Eingesetzt wird es als Antidepressivum, Mittel gegen Schlafstörungen und Einschlafhilfe. Verschiedene Studien forschen an einem möglichen Einsatz von Melatonin als zusätzliches Mittel in der Krebs- und Schmerz-Therapie, sowie als alterungshemmende Substanz.
Melatonin Präparate/Dosierung
In Deutschland ist nur ein Arzneimittel mit dem Hormon zugelassen, „Circadin“. Ein weiteres hat eine Zulassungsempfehlung von der EMA (European Medicines Agency) erhalten und ist quasi das gleiche Medikament für Kinder, „Slenyto“. Circadin kann bei der kurzfristigen Behandlung von Insomnie (Schlaflosigkeit) eingesetzt werden und enthält zwei Milligramm retardiertes Melatonin. Retardierte Stoffe werden langsamer in das Blut abgegeben und haben somit eine längere Wirkdauer.
Slenyto soll in Form von einem und fünf Milligramm auf den Markt kommen und darf zur Therapie von Schlafstörungen bei Kindern im Alter von zwei bis 18 Jahren mit Autismus-Spektrum-Störungen oder Smith-Magenis-Syndrom (Erbkranknheit) eingesetzt werden.
Neben Circadin existiert noch ein weiteres Medikament, welches zwar kein echtes Melatonin enthält, jedoch einen Stoff, der an Melatonin-Rezeptoren andockt, Agomelatin. Agomelatin gehört zur Gruppe der Antidepressiva und gilt als Mittel der zweiten Wahl bei schweren Depressionen. Der genaue antidepressive Wirkmechanismus ist noch nicht genau geklärt, allerdings wirkt es an MT1 und MT2-Rezeptoren (Melatonin-Rezeptoren), beeinflusst so die circadiane Rhythmik und verringert Schlafstörungen.
Vorkommen von Melatonin in Nahrungsmitteln
Melatonin kommt natürlich in vielen pflanzlichen und in geringer Konzentration in tierischen Lebensmitteln vor.
Hier eine Liste einiger Lebensmittel, in denen das Schlafhormon vorkommt:
Nahrungsergänzungsmittel mit Melatonin
In den USA erfreut sich das Schlafhormon hoher Beliebtheit. Es werden verschiedene Produkte wie Drinks, Brownies und Bars mit bisweilen sehr hohen Dosen Melatonin angeboten. Dieses Angebot richtet sich an Menschen mit Einschlafproblemen, Schlaflosigkeit, Jet-Lag-Beschwerden, wie auch an Schichtarbeiter und soll dabei helfen, wieder einen normalen und gesunden Schlafrhythmus zu finden.
In Deutschland werden Nahrungsergänzungsmittel mit deutlich weniger Milligramm des Schlafhormons vertrieben. Dies scheint ausreichend, da die EFSA (europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit) es einer Studie nach als erwiesen ansieht, dass bereits ab einer Menge von einem Milligramm Melatonin mit einer suffizienten Wirkung zu rechnen ist. Nahrungsergänzungsmittel mit Melatonin dürfen in Europa damit beworben werden, Jet-Lag-Beschwerden zu lindern und die Einschlafzeit zu verkürzen. Dies kann zum Beispiel Vielreisenden, Schichtarbeitern und Menschen mit Einschlafproblemen Abhilfe schaffen.
Diskussionen melatoninhaltige Lebensmittel vom Markt zu nehmen und für nicht frei-verkäuflich zu erklären gibt es immer wieder. Jedoch muss hier erwähnt werden, dass geringe Mengen von wenigen Milligramm Melatonin auch über die Nahrung (siehe Lebensmittel oben) aufgenommen werden können und so eigentlich kein Vergleich mit einem Arzneimittel angebracht ist. Im Hinblick auf Länder wie die USA, welche Produkte mit erheblich mehr Milligramm des Schlafhormons verkaufen und dessen Konsumenten über keine negativen Wirkungen klagen, scheinen die eher geringen Dosen in deutschen Nahrungsergänzungsmitteln sehr sicher.
Der Melatonin-Stoffwechsel
Ein ausgeprägter First-Pass-Effekt nach oraler Aufnahme, also die Metabolisierung des Melatonins in der Leber nachdem es aus dem Magen-Darm-Trakt aufgenommen wurde, sorgt für eine Bioverfügbarkeit, also die Menge des aufgenommenen Stoffs, welche danach auch im Körper zur Verfügung steht, von nur 15 Prozent. Nach circa 60 Minuten erreicht der Melatonin-Spiegel im Körper ein dosisabhängiges Maximum und fällt dann innerhalb von drei Stunden wieder ab. Die schnelle Metabolisierung im Körper wirkt einem Überhangeffekt entgegen. Nach einer Einnahme am Abend zirkuliert also am nächsten Morgen so gut wie nichts mehr von dem Schlafhormon im Körper und die am Abend gewünschte Müdigkeit ist verflogen.
Nebenwirkungen und Wechselwirkungen
Normalerweise treten bei der kurzfristigen Einnahme keine Nebenwirkungen auf, auch, da es sich um einen ungiftigen Stoff handelt.
Bei übermäßiger oder falscher Einnahme wurden Symptome wie Konzentrationsstörungen und Schläfrigkeit beobachtet.
Melatonin kann mit einigen wenigen Medikamenten in Wechselwirkung treten. Etwaige Wechselwirkungen sollten bei der gleichzeitigen Einnahme von Arzneimitteln und vor der Einnahme von Melatonin im Gespräch mit einem Arzt ausgeschlossen werden.
Kontraindikationen
Melatonin sollte nicht in der Schwangerschaft oder Stillzeit eingenommen werden, da es Plazenta- und Muttermilch-gängig ist und so das Ungeborene oder den Säugling beeinflussen könnte.
Häufige Fragen zum Artikel
Melatonin ist ein natürliches, körpereigenes Hormon, welches von der Zirbeldrüse bei Dunkelheit aus Serotonin produziert wird und den täglichen Biorhythmus steuert.
Melatonin wird von sogenannten neuroendokrinen Zellen der Zirbeldrüse – auch Epiphyse oder Glandula pineales genannt – im Hirn produziert und bei Dunkelheit ausgeschüttet. Kleine Mengen werden auch von der Netzhaut im Auge und im Darm gebildet.
Melatonin ist das Schlafhormon des menschlichen Körpers. Bei Dunkelheit ausgeschüttet nimmt es Einfluss auf den sogenannten Tag-Nacht-Rhythmus – auch zirkadianer Rhythmus genannt – und sorgt für Müdigkeit.
Die Zirbeldrüse, auch Glandula pinealis oder Epiphyse genannt, ist eine Drüse im Hirn, welche lichtabhängig Melatonin produziert. Neuroendokrine Zellen, sogenannte Pinealozyten der Zirbeldrüse, bekommen Signale vom Auge und produzieren bei Dunkelheit Melatonin.
Melatonin ist in verschiedenen pflanzlichen Produkten wie Pistazie, Cranberry, Steinpilz, Champignon, Mais, Pfifferling und Reis enthalten. In geringeren Mengen in tierischen Produkten wie Lachs und Kuhmilch.
In Deutschland ist nur ein melatoninhaltiges Medikament zugelassen, Circadin. Circadin enthält zwei Milligramm retardiertes Melatonin und kann zur kurzfristigen Behandlung von Insomnie (Schlaflosigkeit) eingesetzt werden. Ein weiteres Medikament ist zur Zulassung empfohlen, Slenyto. Dieses ist ebenfalls zur Therapie von Schlafstörungen bei Kindern mit besonderen Erkrankungen zugelassen.
Normalerweise treten bei der kurzfristigen Einnahme von Melatonin keine Nebenwirkungen auf. Gelegentlich kann es zu Schläfrigkeit und Konzentrationsschwäche nach der Einnahme kommen.
Studien haben gezeigt, ab einem Milligramm Melatonin gibt es eine Wirkung auf subjektive Jet-Lag-Beschwerden und die Verkürzung der Einschlafzeit.