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Schlafmittel

Niacin - für einen besseren Schlaf und gegen Corona?

Nicolas Solerieu
Lena Gohlisch

Veröffentlicht von Lena Gohlisch am 14.01.2021

Viele Schlafprodukte werben mit dem Inhaltsstoff Niacin oder auch Vitamin B3. Ob dieses Vitamin wirklich den Schlaf verbessern kann und warum der Einsatz des Allrounders Niacin auch in der Behandlung von Covid-19 erwogen wird, erfahrt ihr hier.

Was ist Niacin und wofür brauchen wir es?

Niacin, auch Vitamin B3 genannt, gehört zur den wasserlöslichen B-Vitaminen. Es kommt in zwei Formen vor : der Nicotinsäure und dem Nicotinamid. Beide Formen sind in vielen Lebensmitteln enthalten und werden mit der Nahrung aufgenommen. Sie können aber auch in geringen Mengen vom Körper aus der Aminosäure Tryptophan in der Leber gebildet werden.

Niacin ist ein Alleskönner! Als sogennantes Coenzym ist es für viele Prozesse im Körper wichtig. Im Energiestoffwechsel ist Niacin zum Beispiel am Kohlenhydrat-, Protein- und Fettstoffwechsel beteiligt . Auch für unser Immunsystem, Abläufe der Zeilteilung und das Nervensystem brauchen wir Vitamin B3.

Fleisch, Fisch und Innereien enthalten besonders viel Niacin. Aber auch in pflanzlichen Lebensmitteln wie Erdnüssen und Pilzen steckt Vitamin B3. Gute Nachricht für alle Kaffeeliebhaber*innen: geröstete Kaffeebohnen sind ebenfalls ein Hauptlieferant von Niacin!

Ein Niacin Defizit aufgrund von Mangelernährung ist in Deutschland sehr selten. In der Regel wird genug Vitamin B3 über die Nahrung aufgenommen. Eine einseitige Ernährung und insbesondere die Kombination von eiweißarmen und maisreichen (Mais hat kaum Niacin) Lebensmitteln, können jedoch zu einem Niacin-Mangel führen. Ein Niacin-Mangel kann zum Beispiel auch bei Erkrankungen des Magen-Darm-Trakts auftreten.

Wird langfristig nicht genug Niacin oder Tryptophan aufgenommen, kann dies zu dem Krankheitsbild Pellegra führen, was heutzutage zum Glück so gut wie nie auftritt. Typische Symptome der Pellegra sind die sogenannten drei "D"'s : Dermatitis (Entzündung der Haut), Durchfall und Demenz. Unbehandelt tritt im Verlauf ein Multiorganversagen auf.

Verbessert Niacin den Schlaf?

Erste Anzeichen für einen leichten Niacin-Mangel können Schlafstörungen und Müdigkeit sein, was dafür spricht, dass Niacin wichtig für einen guten Schlaf ist. Vitamin B3 ist aus diesem Grund oftmals in Produkten enthalten, die damit werben den Schlaf auf natürliche Weise zu fördern.

Die EU-Kommission ist nach Prüfung durch die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit EFSA zu dem Urteil gekommen: Niacin trägt zur Verringerung von Müdigkeit und Ermüdung bei.

Bisher gibt es jedoch wenig Studien, die sich näher mit der Wirkung von Niacin auf den Schlaf beschäftigen. La Roche, der pharmazeutische Konzern, der das Schlafmittel Valium© auf den Mark brachte, vermutet, dass Niacin ähnliche wie Benzodiazepine wirken könnte.

In einer kleinen Studie mit acht Teilnehmer*innen zeigte sich, dass insbesondere bei Teilnehmer*innen mit Schlafstörungen durch eine Niacin-Gabe der REM-Schlaf verbessert werden konnte und die Wachzeit reduziert wurde.

Bei Mäusen konnte kürzlich eine Dosis-abhängige Wirkung von Niacin auf die Non-REM-Schlafphase gezeigt werden.

Es könnte also sein, dass Vitamin B3 auch den Tiefschlaf fördert. Der Einfluss von Niacin auf die Non-REM-Phasen des Menschen wurde allerdings bisher noch nicht untersucht.

Welche Nebenwirkungen hat Niacin?

Beide Formen des Niacins, die Nictoinsäure und das Nicotinamid müssen in Hinblick auf die jeweiligen Nebenwirkungen getrennt von einander betrachtet werden.

Häufige Überdosierungserscheinungen von Nicotinsäure sind sogenannte "Flush Symptome".

Nicotinsäure kann zu Hautrötungen, Hautjucken, Hitzegefühl, Magen-Darm-Beschwerden und Leberschäden führen. Die Hautrötungen werden als "Niacin-Flush" bezichnet und lassen sich dadurch erklären, dass Niacin zu einer Erweiterung der Gefäße führt.

Bei Nicotinamid treten hingegen deutlich seltener Nebenwirkungen auf. Ein Flush nach Einnahme ist eher nicht zu erwarten.

Laut der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) sollten nicht mehr als 10 Milligramm Nicotinsäure und nicht mehr als 900 Milligramm Nicotinamid pro Tag über die Nahrung oder durch Ergänzungsmittel aufgenommen werden.

Über die Ernährung wird in der Regel nicht so viel Niacin aufgenommen, dass Nebenwirkungen auftreten. Die Gefahr einer Niacinüberdosierung besteht eher bei der Einnahme von Nahrungsergänzungsmitteln. Im Zweifel sollte Rat bei Ärzt*innen oder Apotheker*innen eingeholt werden.

Niacin gegen Covid-19?

Niacin ist auch in vielen Prozessen des Immunsystems als Coenzym beteiligt. Daher hat das Vitamin B3 in den letzten Monaten auch in der Behandlung von Covid-19 an Bedeutung gewonnen. Zwei zentrale Fragen stellen sich im "Kampf" gegen die Pandemie immer wieder: Wie können Infektionen verhindert werden und wie können, bei eingetretener Infektion, schwere Verläufe vermieden werden?

In einer deutschen Studie des Universitätsklinikums Schleswig-Holstein wird aktuell untersucht, ob sich durch die Gabe hochdosierten Nicotinamids schwere Krankheitsverläufe von Covid-Patient*innen abmildern lassen.

Die Ergebnisse werden mit Spannung erwartet!

Häufige Fragen zum Artikel

Quellenverzeichnis

Lena Gohlisch

Lena hat in diesem Sommer ihr Medizinstudium beendet und schreibt aktuell ihre Doktorarbeit im Bereich der Sportpsychiatrie. In ihrer Freizeit ist Lena als semiprofessionelle Spielerin in der zweiten Damen-Basketball-Bundesliga aktiv. Die Kombination von Klinikalltag, Schichtdienst und Leistungssport gelingt Lena unter anderem, weil sie sich intensiv mit der Optimierung ihres Schlafes auseinandersetzt. Ihre Erfahrungen, neue Erkenntnisse und Tipps teilt Lena gerne mit euch hier auf besserschlafen.de.

lena@besserschlafen.de