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Schlafmittel

Pflanzliche Schlafmittel: Wirksam oder Placebo?

Zubereitung pflanzliche Schlafmittel Unknown
Benito Schilling

Veröffentlicht von Benito Schilling am 29.04.2019

Baldrian, Passionsblume, Hopfen, Melisse und Sauerkirsche gelten als gesunde pflanzliche Schlafmittel. Erhältlich sind die pflanzlichen Wirkstoffe meist in konzentrierter Form, als Dragees, Tabletten, Tropfen, Pulver oder Tees. Doch wirken sich diese pflanzlichen Stoffe überhaupt positiv auf den Schlaf aus, sind sie gesund oder sind vermeintliche positive Effekte auf Schlafstörungen nur Placebo-Effekte?!

Pflanzliche Schlafmittel und Schlafstörungen

Ein Großteil der Bevölkerung leidet an sporadisch auftretenden Schlafstörungen, ein kleinerer Teil leidet an chronischen Schlafstörungen. Zumeist sind es Einschlafstörungen, Durchschlafstörungen und Tagesmüdigkeit die den Leuten zu schaffen machen. Leistungsdruck in der Schule, auf der Arbeit, Geldsorgen und psychische Belastungen sorgen für Stress und können die Auslöser sein. Studien zeigen, zu wenig Schlaf begünstigt Erkrankungen des Herz-Kreislaufsystems, Übergewicht und Diabetes. Guter Schlaf ist also nicht nur wichtig für die Leistungsfähigkeit, sondern auch für die Gesundheit.

Fast alle rezeptpflichtigen Schlafmittel und auch einige frei erhältliche bergen ein enormes Abhängigkeitspotential und viele Nebenwirkungen. Bei einigen krankhaften Schlafstörungen können diese Mittel indiziert sein. Der Großteil aller Schlafprobleme hat allerdings andere, nicht krankhafte Ursachen als Grund und sollte nicht mit Arzneimitteln und Chemie behandelt werden, sondern mit Entspannungstechniken und gegebenenfalls pflanzlichen Schlafmitteln.

Viele pflanzliche Schlafmittel werden aus Pflanzen gewonnen, welche ohnehin Teil unserer Nahrung sind. Einige müssten in sehr großen Mengen verzehrt werden, weshalb sogenannte Konzentrate aus ihnen hergestellt werden. Zum Beispiel Dragees, Tropfen oder Säfte, welche hohe Mengen des gesunden, schlaffördernden Stoffes der Pflanzen enthalten. Pflanzliche Schlafmittel sind meist völlig nebenwirkungsfrei und machen auch bei langfristiger Einnahme nicht körperlich abhängig. Die Wirkung ist aber umstritten. Viele Studien zeigen positive Effekte auf den Schlaf, andere sehen keinen negativen Effekt, bezweifeln jedoch, dass pflanzliche Mittel allein wirksam genug seien.

Baldrian

Baldriane, lateinisch auch Valeriana genannt, sind Arzneipflanzen, deren Wurzeln verwendet werden, um daraus Extrakte zu gewinnen. Diese werden dann weiterverarbeitet, um als Tabletten, Pulver oder Tee beim Verbraucher zu landen.

Schon in der Antike wurden Baldriane als Mittel gegen Harnwegsinfekte und Leberleiden eingesetzt. Im Mittelalter sprach man den Pflanzen eine Wirkung gegen Gicht zu und verwendete sie gegen Krämpfe aller Art. Erst gegen Ende des 18. Jahrhunderts fing man an, Baldriane verstärkt wegen ihrer beruhigenden Wirkung einzusetzen.

Baldrian wirkt schlaffördernd und spasmolytisch, also krampflösend und wird bei Schlafstörungen, Stress und nervöser Unruhe eingesetzt. Die Wirksamkeit von Baldrian ist wissenschaftlich erwiesen. Studien verglichen Baldrian-Präparate mit Placebo-Präparaten und konnten so einen echten Vorteil von Baldrian-Präparaten beweisen.

Die medizinisch wirksamen Bestandteile sind Valerensäure, Valerenol, Phenocarbolsäure und ätherische Öle. Valerensäure und Valerenol wirken modulierend auf den GABA-Rezeptor, ähnlich wie Benzodiazepine nur viel schwächer und sorgen so für Müdigkeit. Die krampflösende Wirkung von ätherischen Ölen kann bei nervös-bedingten Magen-Darm-Beschwerden helfen.

Passionsblume

Passionsblumen, lateinisch als Passiflora bezeichnet, werden wie auch Baldrian schon seit langer Zeit als Heilmittel verwendet. Ursprünglich kommt die Passionsblume aus den Regenwäldern Südamerikas, wo schon die Azteken sie als heilende Pflanze einsetzten. Im 17. Jahrhundert wurde die Pflanze nach Europa importiert, wo man sie näher auf ihre heilende Wirkung untersuchte und ihr bereits eine beruhigende Wirkung attestierte.

Interessant ist, Passionsblumen tragen je nach Art auch Früchte, zum Beispiel die Passionsfrucht, aber auch die Maracuja-Frucht. Die Früchte der verschiedenen Passionsblumen enthalten zwar keine wirksamen phytotherapeutischen Stoffe, tragen frisch verzehrt aber zu einer ausgewogenen Ernährung mit vielen Vitaminen und Ballaststoffen bei.

2011 wurde die Passionsblume (Art Passiflora incarnata) zur Arzneipflanze des Jahres gewählt. Die Wahl wurde damit gerechtfertigt, dass die Passionsblume verschiedene heilende Wirkungen aufweise und wie fast keine andere Pflanze positive Auswirkungen auf verschiedene Beschwerden haben könne.

Die Passionsblume wirkt:

  • Positiv auf Einschlafstörungen
  • Bei nervös-bedingten Magen-Darm-Beschwerden
  • Angstlösend
  • Muskelentspannend

Vor allem die in der Pflanze enthaltenen Flavonoide und ätherischen Öle sorgen bei einer Einnahme für die beschriebenen Wirkungen. Ähnlich wie Baldrian haben auch die Inhaltsstoffe der Passionsblume eine modulierende Wirkung auf GABA-Rezeptoren im Gehirn. Durch eine Modulation der GABA-Rezeptoren wirkt GABA, ein Neurotransmitter welcher beruhigend und schlaffördernd wirkt, stärker und fördert die Fähigkeit zur Entspannung.

Diese Wirkung ist ganz ähnlich derer echter rezeptpflichtiger Schlafmittel wie Benzodiazepine, natürlich nur viel leichter und ohne Nebenwirkungen und Abhängigkeitspotential. Schlafmittel wie Benzodiazepine und Z-Substanzen modulieren ebenfalls den GABA-Rezeptor und verstärken die Wirkung des im Nervensystem vorhandenen GABA.

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Hopfen

Echter Hopfen, lateinisch Humulus lupulus, gehört interessanterweise zur Familie der Hanfgewächse (Cannabaceae) und wird nicht nur zum Brauen von Bier, sondern auch zur Herstellung von pflanzlichen Arzneimitteln verwendet. Hopfen ist nicht wie die Passionsblume ein exotisches Gewächs, sondern kommt zum Großteil aus Deutschland. Im bayrischen Hallertau existiert das größte zusammenhängende Hopfenanbaugebiet der Welt. Der dort geerntete Hopfen geht allerdings größtenteils in die Herstellung von Bier und wird weniger zu Arzneistoffen weiterverarbeitet.

Um pflanzliche Arzneistoffe aus Hopfen herzustellen, benötigt man Hopfenzapfen, die weiblichen Blütenstände des Hopfen. Neben diesen werden auch Hopfendrüsen verwendet, bei denen es sich um die Drüsenhaare der Hopfenzapfen handelt und welche ein gelblich-klebriges Pulver bilden. Presst man dieses in Form, erhält man sogenanntes Hopfenhasch (Lupu-Hasch), welches geraucht werden kann. Echter Hopfen wurde 2007 zur Arzneipflanze des Jahres gekürt.

Welche Wirkstoffe im Hopfen enthalten sind, ist stark von der Art abhängig. Als medizinisch wirksam werden die Bitterstoffe Humulon und Lupulon, sowie Falvonoide und ätherische Öle angesehen. Durch die Verarbeitung der Bitterstoffe im Körper entstehen Verbindungen, welche beruhigend wirken sollen, aber auch antibakterielle und die Magensaftproduktion stimulierende Wirkungen haben sollen. Eine östrogen-ähnliche Wirkung wird diskutiert, ist bisher aber noch nicht eindeutig nachgewiesen und es ist fraglich, ob diese stark genug wäre, um bei zum Beispiel Menstruationsproblemen zu helfen.

Ein beruhigender Effekt durch Hopfen wurde bereits durch verschiedene Studien nachgewiesen. Oft wurden in Studien pflanzliche Präparate mit einer Kombination aus Hopfen und Baldrian verwendet, da sich die leichten Effekte beider Pflanzen so summieren und besser wirken können. Hopfen-Präparate allein entfalten ihre Wirkung wahrscheinlich erst nach einer längeren Einnahme über ein bis zwei Wochen und wirken sporadisch eingenommen eher weniger gut.

Melisse

Die Melisse oder Zitronenmelisse, lateinisch Melissa officinalis, stammt aus dem östlichen Mittelmeerraum und wurde schon 1988 zur Arzneipflanze des Jahres gekürt. Seit der Antike wird die Heilpflanze bei nervöser Unruhe, zur Verbesserung des Schlafs und bei Magen-Darm-Beschwerden verwendet. Weiterhin hat die Melisse antimikrobielle und antivirale Eigenschaften und wird als Salbe in der Behandlung von Herpes eingesetzt. Neben dem Einsatz als pflanzliches Heil- und Schlafmittel werden die getrockneten Blätter der Pflanze als Tee oder Gewürz verwendet.

Melisse enthält unter anderem Terpentene, ätherische Öle, die beruhigend wirken, Gerbstoffe, welche den Magen-Darm-Trakt beruhigen und Flavonoide. In Studien konnte im Vergleich zu einem Placebo eine Wirksamkeit auf Schlafstörungen beobachtet werden. Um diesen zu erzielen, müssen allerdings hochdosierte Trockenextrakte eingenommen werden, da in einem Tee-Aufguss nicht genug der wertvollen Inhaltsstoffe enthalten sind.

Sauerkirsche

Die Sauerkirsche, lateinisch Prunus cerasus, ist eine Pflanzenart aus der Familie der Rosengewächse und wird als Obstbaum genutzt. Neben ihrer Verwendung als Obst werden ihr viele heilende Wirkungen nachgesagt. So enthalten Sauerkirschen viele Vitamine, Kalium und Folsäure, wie auch Pflanzenfarbstoffe, die eine positive Wirkung im Körper entfalten können. Sauerkirschen sollen in der Lage sei, Entzündungen im Körper zu hemmen und sogar den Harnsäurewert zu senken. Dies kann insbesondere bei der Behandlung von Gicht von Vorteil sein, da dieses Krankheitsbild durch einen erhöhten Harnsäurespiegel verursacht wird, der durch übermäßigen Verzehr von Fleisch und Bier ausgelöst werden kann.

Natürliche Melatoninquelle Sauerkirsche

Einen positiven Effekt auf Schlafstörungen haben Sauerkirschen wegen ihres natürlichen Melatoningehalts. Insbesondere die Sauerkirschensorte Montmorency kann bis zu 13,5 Nanogramm Melatonin pro Gramm enthalten und ihr Verzehr kann auf natürliche Weise den Melatoningehalt im menschlichen Körper steigern. Melatonin wird bei Dunkelheit von der Zirbeldrüse ausgeschüttet und sorgt für Müdigkeit. Das Alter oder unregelmäßige Tagesabläufe können für ein Melatonindefizit sorgen, welches mit Ein- und Durchschlafstörungen einhergehen kann.

In Studien konnte gezeigt werden, dass Probanden nach dem Verzehr von Sauerkirschsaft im Vergleich zu Probanden, die nur ein Placebo erhielten, besser schliefen und ihren Nachtschlaf um 40 Minuten verlängern konnten.

In Studien konnte gezeigt werden, dass Probanden nach dem Verzehr von Sauerkirschsaft im Vergleich zu Probanden, die nur ein Placebo erhielten, besser schliefen und ihren Nachtschlaf um 40 Minuten verlängern konnten.

Fazit: Wirksam oder Placebo?

Pflanzliche Schlafmittel können eine echte Wirkung entfalten. Ihre Effekte beruhen nicht nur auf einem Placebo-Effekt, sondern auf vielen verschiedenen Wirkstoffen, die im Körper ihre positive Wirkung entfalten. Fast alle hier genannten Pflanzen werden seit mehreren Jahrhunderten genutzt und wurden in den letzten Jahrzenten ausgiebig erforscht. Studien konnten in vergleichenden Experimenten zeigen, dass pflanzliche Schlafmittel positive Effekte auf die Ein- und Durchschlafzeit haben können.

Allerdings sind diese Effekte oft nur sehr leicht, sodass bei schweren oder länger bestehenden Schlafstörungen gegebenenfalls auf andere natürliche Präparate wie zum Beispiel Melatonin zurückgegriffen werden kann. Bei krankhaften Schlafstörungen ist vor der Einnahme von rezeptpflichtigen Mitteln immer ein Gespräch mit einem Arzt angebracht, um die Ursache der Störung zu finden und bestenfalls auf Schlafmittel mit hohem Abhängigkeitspotential zu verzichten.

Häufige Fragen zum Artikel

Quellenverzeichnis

Benito Schilling

Medizinstudent und Schlafexperte

Benito ist Medizinstudent und und interessiert sich für alle Themen rund um Gesundheit, Sport und Schlaf. Sein Nebenjob im Schlaflabor eines Uniklinikums bringt ihn in unmittelbare Nähe von Schlafexperten, Neurologen mit der Zusatzbezeichnung Schlafmediziner, welche er frei heraus zu medizinischen Schlafthemen befragt, sobald er bei seinen Recherchen auf Unklarheiten stößt. Er selbst versucht seinen Schlaf jede Nacht auf's Neue zu optimieren und findet, Schlaf sei aus medizinischer Sicht einer der interessantesten Teile der menschlichen Physiologie. Benito ist unser Experte für alle medizinischen Themen rund um Schlaf, Schlafprobleme und der Physiologie dahinter.

benito@besserschlafen.de