Kapsel, Tropfen, Tee, Spritze, Pflaster,… Nicht nur der Wirkstoff sondern auch die Darreichungsform eines Medikaments ist entscheidend. Wie werden Stoffe in den Körper aufgenommen? Welcher Typ Schlafmittel seid ihr? Das erfahrt ihr hier.
Kapsel, Tropfen, Tee, Spritze, Pflaster,… Nicht nur der Wirkstoff sondern auch die Darreichungsform eines Medikaments ist entscheidend. Wie werden Stoffe in den Körper aufgenommen? Welcher Typ Schlafmittel seid ihr? Das erfahrt ihr hier.
Welche Darreichungsformen gibt es?
Die Liste der Darreichungsformen ist lang. Ganz grob kann man drei große Gruppen unterscheiden:
Wie gelangt ein Stoff in den Blutkreislauf?
Abhängig von der Darreichungsform müssen Substanzen verschiedene Barrieren überwinden um in den Blutkreislauf zu gelangen. Dazu gehören:
Nachdem das Medikament in die Blutbahn gelangt ist, verteilt es sich zuerst in den am stärksten durchbluteten Organen. Dazu gehören Niere, Herz und Leber. Die Wirkung tritt in diesen Organen also tendenziell schneller ein. In umso mehr Volumen des Körpers sich das Medikament verteilt, umso länger wirkt es. Für fettlösliche Medikamente gilt: Sie reichern sich gerne im Fettgewebe an. Umso mehr Fettgewebe ein Mensch besitzt, umso mehr Volumen haben diese Medikamente, sich zu verteilen.
Daraus folgt: Adipöse brauchen häufig eine größere Dosis und bei ihnen ist die Substanz im Blut länger nachweisbar.
Unabhängig von der Darreichungsform haben alle Stoffe eine begrenzte Wirkdauer. Sie werden vom Körper umgesetzt, abgebaut und eliminiert. Die Ausscheidung der Produkte erfolgt über einen dieser drei Wege:
Das Schlafhormon Melatonin ist auch als Medikament erhältlich. Es hilft bei Schlafstörungen, hat aber auch andere positive Effekte, wie den Schutz von Zellen. Melatonin ist ein gutes Beispiel um zu zeigen, wie Medikamente und körpereigene Stoffe funktionieren können: Der Melatoninrezeptor sitzt außen an der Zelle, ragt aber bis in ihr Inneres. Bindet Melatonin, so wird der Rezeptor aktiviert und bewirkt eine Kaskade von Prozessen im Inneren der Zelle. Diese Kaskade führt in letzter Konsequenz zu den Wirkungen des Melatonins: Müdigkeit, Ausschüttung von Wachstumshormonen, Senkung der Körpertemperatur und Schutz der Zelle vor Oxidation. ######
Das Melatonin gelangt also gar nicht in die Zelle, in der es wirkt.
Um dies zu beschreiben, unterscheiden Pharmazeut*innen zwischen Agonisten und Antagonisten: Während Agonisten dieselbe Wirkung wie körpereigene Stoffe haben, hemmen oder reduzieren Antagonisten die Wirkung natürlicher Substanzen. Als Einschlafhilfe werden also Melatoninrezeptoragonisten verwendet:
Diese immitieren die Wirkung des Melatonins am Rezeptor und ahmen so die Wirkung des natürlichen Melatonins nach.
Wie stark und ab welcher Medikamentenmenge eine Substanz wirkt, hängt auch davon ab, wie stark sie an ihren Zielort bindet: Umso stärker eine Substanz an ihren Rezeptor bindet, umso weniger Substanz wird benötigt um eine maximale Wirkung zu erreichen. Wissenschaftler*innen nennen das Affinität.
Die richtige Dosis für ein Medikament zu finden, ist gar nicht so einfach:
Das Ziel ist immer, die möglichst kleinste Dosis mit dem maximalen Wirkeffekt zu verabreichen.
Der Spielraum zwischen der wirksamen und der tödlichen Dosis unterscheidet sich stark zwischen den einzelnen Medikamenten. Er wird therapeutische Breite genannt. Melatonin hat eine große therapeutische Breite:
Um davon zu sterben, müsste ein 75 Kilo schwerer Mensch über ein Kilogramm Melatonin aufeinmal essen!
Bei wiederholter Gabe kann sich die Wirkung von Wirkstoffen verringern. Das passiert aus zwei Gründen:
Eine Toleranz entwickelt man nicht bei jedem Medikament:
Für Melatonin konnte bis jetzt keine Toleranzentwicklung festgestellt werden.
Genetisch bedingt arbeiten Enzyme unterschiedlich schnell. Das gilt auch für Enzyme, die Prodrugs aktivieren oder Medikamente abbauen. Eine stärkere Wirkung ist bei Menschen zu erwarten, deren aktivierende Enzyme schneller oder abbauende Enzyme langsamer arbeiten. Das Gegenteil gilt für eine schwächere Wirkung. Wirkt ein Medikament bei euch also stärker oder schwächer kann das genetisch bedingt sein.
Wechselwirkungen von Medikamenten sind umso komplexer, umso mehr verschiedene Medikamente eine Person einnimmt. Interessant wird es, wenn ein Medikament die Enzymaktivität eines Enzyms verändert, welches ein anderes Medikament abbaut. Das Enzym CYP1A2 beispielsweise baut Melatonin in der Leber ab. Tabakrauch und Insulin aktivieren dieses Enzym. So wird das Melatonin schneller abgebaut. Die Folge:
Bei Rauchern und behandelten Diabetikern wirkt Melatonin kürzer und schwächer.
Wir unterscheiden zwischen festen, flüssigen, parenteralen und dermalen Darreichungsformen.
Kapsel oder Tablette?
Kapseln und Tabletten sind äußerlich feste Darreichungsformen, die meistens geschluckt werden. Es gibt aber auch Präparate, die man vaginal oder rektal einführt oder zerbeißt. Letztere werden dann über die Mundschleimhaut aufgenommen.
Sowohl Tabletten als auch Kapseln können einen Überzug aus Stoffen haben, der sie magensaftresistent macht. Unser Magensaft hat einen großen Säureanteil und könnte die entsprechenden Stoffe zerstören.
Magensaftresistent überzogene Tabletten und Kapseln zerfallen also nicht im Magen, aber relativ schnell im Dünndarm und setzen so den Wirkstoff frei.
Auch gibt es von beiden Darreichungsformen sogenannte Retardpräparate. Diese lösen sich nur langsam auf oder haben sich unterschiedlich schnell auflösende Komponenten. So wirken sie länger oder haben eine versetzt eintretende Wirkung.
Was unterscheidet Kapseln und Tabletten?
Kapseln haben per Definition eine Hülle und eine Füllung. Die Hülle kann aus weichen oder harten Stoffen hergestellt sein. Hartkapseln werden ausschließlich mit festen Stoffen wie Pulvern oder Granulaten gefüllt, während Weichkapseln Flüssigkeiten enthalten.
Entwickelt wurden Kapseln, da viele Arzneimittel schlecht schmecken oder riechen. Das wird durch die Kapselhülle geschickt verdeckt. Nachteil der Kapseln: Da sie einen definierten Inhalt haben, ist die Dosis schlechter individualisierbar als die Dosis von Tabletten.
Zäpfchen: Warum man nicht jedes Medikament schluckt
Manche Tabletten und Kapseln werden vaginal oder rektal eingeführt. Das hat seinen Grund: Die Blutgefäße, die Rektum und Vagina versorgen, gehen direkt in den systemischen Blutkreislauf über. Das Blut fließt also nicht zuerst über die Leber, wie das des restlichen Magen-Darm-Trakts. Die Darreichungsform Zäpfchen hat also den Vorteil, dass seine Wirkstoffe schnell und ohne vorherige chemische Umsetzung ins Blut übergehen. Daher sollen manche Tabletten auch wie Bonbons gelutscht werden: Die Mundschleimhaut transportiert die Arznei direkt ins Blut ohne den Umweg der Leber.
Tropfen oder Tablette?
Tropfen gehören zu den Lösungen. Lösungen sind flüssige Zubereitungen zum Einnehmen, bei welchen ein Wirkstoff oder mehrere Wirkstoffe in Wasser oder einer anderen geeigneten Flüssigkeit gelöst vorliegen. Derselbe Wirkstoff lässt sich also oft sowohl als Tropfen als auch als Tablette geben. Klarer Vorteil von Lösungen ist die einfache individuelle Anpassung der Dosis. Auch die leichtere Einnahme für Kinder und Menschen mit Schluckbeschwerden spielt im Praxisalltag eine wichtige Rolle. Gegen Lösungen spricht ihre geringere Stabilität und Haltbarkeit.
Tee: Eine besondere Form der Lösung
Tee oder fachlich korrekt ausgedrückt Heißwassextrakt ist eine Darreichungsform für pflanzliche Wirkstoffe. Durch das heiße Wasser wird die Zellstruktur der Kräuter zerstört. Wirkstoffe wie ätherische Öle oder Flavonoide werden so aus dem Pflanzenmaterial herausextrahiert. Diese kann man als dünnen Ölfilm an der Wasseroberfläche erkennen. Je nachdem wie lange der Aufguss zieht, kann der Anteil der Wirkstoffe erhöht oder erniedrigt werden. Wie viel Wirkstoff letztendlich jedoch aus dem Pflanzenmaterial herausgelöst werden kann, hängt aber auch von der Qualität der verwendeten Kräuter ab.
Trotz seiner Unbeliebtheit bei Patienten ist die Spritze noch immer eine der am häufigsten verwendeten Darreichungsformen. Wir Mediziner unterscheiden, in welches Gewebe das Medikament injiziert wird:
Transdermale Pflaster sind dünne pharmazeutische Zubereitungen, die einen oder mehrere Wirkstoffe enthalten. Sie sind dazu bestimmt, auf der unverletzten Haut angewandt zu werden, um den Wirkstoff nach der Passage der Hautbarriere in den Blutkreislauf abzugeben.
Nachdem das Pflaster auf die Haut geklebt wurde, gibt es langsam und kontinuierlich Wirkstoff ab.
So wird ein Auf und Ab der Wirkstoffkonzentration wie bei Tablettengabe vermieden.
Ein anderer Vorteil ist, dass der Wirkstoff ohne die Leber zu passieren direkt ins Blut aufgenommen wird. Daher ist es eine besonders elegante und patientenfreundliche Darreichungsform. Aber Achtung: Nur wenige Medikamente sind in Pflasterform erhältlich.
Für welche Darreichungsform eures Schlafmittels ihr euch entscheidet, hängt von euren eigenen Bedürfnissen ab. Wir haben euch hier Vor- und Nachteile der Darreichungsformen zusammengefasst:
Vorteile
Nachteile
Vorteile
Nachteile
Vorteile
Nachteile
Welches Darreichungsform von Schlafmitteln die Richtige für euch ist, ist Typsache:
Typ Schlaftee: Der Natürliche
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Häufige Fragen zum Artikel