Was ist überhaupt ein Tinnitus und warum bekommt man ihn?
Tinnitus macht sich meist als Rauschen, Brummen, Piepen oder Klingeln im Ohr bemerkbar. Es werden zwei Formen unterschieden: Der objektive Tinnitus, der eher selten auftritt, ist bei der Untersuchung auch für Ärzt*innen hörbar. Der deutlich häufigere, subjektive Tinnitus wird nur von Betroffenen selbst wahrgenommen. Wie genau das Geräusch im Ohr entsteht, ist noch unklar.
Es wird davon ausgegangen, dass fehlerhafte Geräuschinformationen durch eine Überaktivität der Sinnes- und Nervenzellen von der Hörbahn bis in das Zentrale Nervensystem hinein entstehen.
Nicht nur die Strukturen der Hörbahn scheinen verändert zu sein. Im Bereich des Gefühlszentrums konnten bei Menschen mit Tinnitus ebenfalls strukturelle Veränderungen beobachtet werden. Die emotionale Belastung der Betroffenen hat einen großen Einfluss auf die Wahrnehmung und Verarbeitung der Geräuschinformation durch Tinnitus.
Tinnitus und Schlafstörungen
Die Stille des Schlafzimmers kann für Patient*innen mit Tinnitus eine Qual sein. Durch den fehlenden „Alltagslärm“ bekommt das Geräusch im Ohr die uneingeschränkte Aufmerksamkeit und wird als lauter und störender wahrgenommen. Das erschwert das Einschlafen und macht oft einen erholsamen Schlaf unmöglich. Oft wachen betroffene Menschen müde und gereizt am nächsten Morgen auf.
Als Folge des wenig erholsamen Schlafes werden die Geräusche in den Ohren tagsüber noch stärker wahrgenommen. Wissenschaftliche Studien belegen, dass bei Tinnitus-Patient*innen mit zusätzlichen Schlafstörungen die Intensität und Wahrnehmung der Ohrgeräusche deutlich erhöht ist. Durch die Kombination aus Tinnitus und fehlendem Schlaf sind betroffene Menschen im Alltag, aufgrund des hohen Leidensdrucks, oft stark beeinträchtigt.
Angststörungen oder Depressionen treten im Krankheitsverlauf von chronischem Tinnitus häufig auf. Eine medikamentöse Behandlung des Tinnitus mit guter Wirksamkeit im Sinne einer Intensitäts- oder Geräuschminderung gibt es bisher noch nicht. Die Therapie der Schlafstörungen betroffener Tinnituspatient*innen rückt hier immer mehr in den Vordergrund.
Erholsamer Schlaf kann, im Gegensatz zur medikamentösen Therapie, den Schweregrad des Tinnitus positiv beeinflussen.
Somit kann über die Behandlung von Schlafproblemen auch der Tinnitus selbst therapiert werden.
Wie schlafe ich gut trotz Tinnitus?
Auf Schlafhygiene achten
Erholsamer Schlaf ist mit Tinnitus gar nicht so einfach. Um die Spirale von Schlafstörung und Verstärkung des Tinnitus zu durchbrechen, kannst du zunächst versuchen, deine Schlafqualität zu steigern. Unabhängig vom Tinnitus gilt:
- Halte dich an regelmäßige Schlafenszeiten!
- Lege das Smartphone und den Laptop mindestens eine Stunde vor Schlafenszeit weg.
- Verzichte auf Alkohol, Nikotin und Koffein in den Abendstunden.
- Halte dein Schlafzimmer dunkel und kühl (etwa 18°C).
Entspannen und Stress abbauen
Damit du trotz Tinnitus gut schlafen kannst, ist Entspannung und Stressabbau entscheidend. Suche dir eine Aktivität, die zu dir passt, dich entspannt und dir vor allem Spaß macht. Zum Beispiel:
- Muskelentspannung nach Jacobsen oder Meditationsübungen
- Mal- und Musiktherapie werden auch in der Tinnitus-Therapie eingesetzt: Sei kreativ!
- Sport: Power dich aus!
Akustische Stimulation
Wenn das Geräusch im Ohr dich am Einschlafen hindert, solltest du versuchen, es zu maskieren und deine Aufmerksamkeit davon wegzulenken. Zum Beispiel mit:
- Leiser Entspannungsmusik oder einem Hörbuch
- Einem Zimmerspringbrunnen
- White-Noise-Maker: als App oder als Sound Maschine
White-Noise-Maker in der Behandlung von Schlafstörungen bei Tinnitus
White Noise („Weißes Rauschen“) ist ein eintöniges Geräusch, dessen Signal im Frequenzbereich konstant bleibt. Es hört sich an wie das Rauschen des Radios, wenn kein Sender eingestellt ist. Das Rauschen kann vom Tinnitus im Ohr ablenken und so das Einschlafen erleichtern. Die Wirksamkeit ist bisher noch wenig untersucht. Es wird aber trotzdem empfohlen, zum Beispiel mit Hilfe einer App, auszuprobieren, ob der White Noise als angenehm empfunden wird und beim Einschlafen hilft.
Melatonin zur Unterstützung des Schlafs bei Tinnitus?
Melatonin, ein körpereigenes schlafförderndes Hormon, kann auch Menschen mit Tinnitus helfen, besser zu schlafen.
In Studien berichteten Patienten mit Tinnitus, die Melatonin erhielten, nicht nur über eine verbesserte Schlafqualität, sondern auch über eine Abnahme der Lautstärke des Geräusches!
Professionelle Hilfe holen
Wenn du trotz dieser Tipps noch immer an Schlafstörungen auf Grund deines Tinnitus leidest, kannst du dir professionelle Hilfe holen. Wichtige Bausteine der Therapie des Tinnitus und damit verbundener Schlafstörungen sind:
- Das Counseling: Oftmals wird der Eindruck vermittelt, dass man den Tinnitus nicht beeinflussen kann, weil es bisher keine wirksamen Medikamente gibt. Ziel des Counseling ist es herauszufinden, welche Faktoren bei dir zur Entstehung des Tinnitus beigetragen haben könnten und dir Strategien zum Umgang mit dem Geräusch an die Hand zu geben.
- Die Kognitive Verhaltenstherapie (KVT): In der kognitiven Verhaltenstherapie wird versucht, krankheitsverstärkende Muster bei dir zu identifizieren. Das kann sowohl die kognitive Ebene betreffen (zum Beispiel: „Ich denke, dass der Tinnitus im Verlauf schlimmer wird“) oder die emotionale Ebene (zum Beispiel: „Ich habe Angst, dass ich ertaube“). Ziel der Therapie ist, dass du dem Geräusch weniger Aufmerksamkeit schenkst. Die kognitive Verhaltenstherapie wird auch in der Behandlung der Schlafstörungen bei Tinnitus-Betroffenen eingesetzt. Nachweislich kann so dein Schlaf verbessert und dein Leidensdruck reduziert werden!
Häufige Fragen zum Artikel
Ein Tinnitus mach sich als ein Geräusch im Ohr bemerkbar. Das kann ein Rauschen, Brummen oder Klingeln sein und auf einem oder auf beiden Ohren auftreten.
Der seltenere objektive Tinnitus ist bei der Untersuchung auch für Ärtz*innen hörbar. Der häufigere subjektive Tinnitus hingegen wird nur durch den Betroffenen selbst wahrgenommen.
Bei Tinnitus treten häufig Schlafstörungen auf, weil das Geräusch im Ohr bei ruhiger Umgebung besonders laut wahrgenommen wird und
die Betroffenen so am Einschlafen hindert.
Durch leise Musik oder White Noise wird der Tinnitus zum Beispiel weniger laut wahrgenommen. Auch das körpereigene Schlafhormon Melatonin kann das Einschlafen unterstützen. Bei schweren Schlafproblemen und Tinnitus sollte man sich professionelle Hilfe suchen.