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Schlafstörungen

Orthosomnie: die zwanghafte Jagd nach dem perfekten Schlaf

Brett Jordan
Lena Gohlisch

Veröffentlicht von Lena Gohlisch am 08.01.2021

Wir tracken unsere Ernährung, unsere erreichte Schrittzahl, unseren Menstruationszyklus und natürlich auch unseren Schlaf. Warum Sleeptracker jedoch nicht ganz unproblematisch sein können, erfahrt ihr hier!

Was ist eine Orthosomnie?

Orthosomnie setzt sich zwar aus dem Wort "Ortho"- gesund und dem Wort "somnie"- Schlaf zusammen, gemeint ist aber trotzdem eine Schlafstörung und zwar die zwanghafte Jagd nach perfekten Schlaf. Der Begriff wurde in Anlehnung an "Orthorexie" gewählt, eine Erkrankung bei der Personen zwanghaft auf gesundes Essen fixiert sind.

Betroffene versuchen ihren Schlaf und insbesondere ihre getrackten Schlafdaten zu verbessern und zu perfektionieren.

Der erste Blick am Morgen geht bei Betroffenen von Orthosomnie sofort auf den Schlaftracker. Zeigt dieser statt der allgemein empfohlenen acht Stunden vielleicht nur sieben Stunden an, kann das Ergebnis von einem vermeintlich zu kurzem oder unruhigen Schlaf einen inneren Druck bis hin zu Panik auslösen. Der Drang den Schlaf zu verbessern wächst und alles wird dem Ziel "perfekt zu schlafen" untergeordnet.

"Ich kann absolut nicht funktionieren, und der Tag ist ein totaler Reinfall, wenn ich nicht mindestens 7h laut meiner Aufzeichnung schlafe" (Aussage einer Patientin mit Orthosomnie)

Was messen Schlaftracker eigentlich genau?

Um zufriedenstellende Ergebnisse und gute "Schlafdaten" zu erreichen, verbringen Betroffene häufig in der Folge mehr Zeit im Bett. Das ist insofern problematisch, weil guter Schlaf sich nicht nur durch die Schlafdauer, sondern auch die Schlafqualität auszeichnet. Schlaftracker messen jedoch meist nicht die Schlafqualität, sondern vorallem die verbrachte Zeit im Bett.

Die herkömmlichen Schlaftracker sind nicht in der Lage die verschiedene Schlafstadien wie die REM- und Tiefschlafphasen voneinander zu unterscheiden.

Patient*innen mit Orthosomnie werden aufgrund ihrer Schlafprobleme in Schlaflaboren untersucht. Häufig zeigen sich dort unauffällige Befunde. Die Betroffenen weisen in der Regel keine objektiv erfassbare Schlafstörung auf. In vielen Fällen beruhigen die Ergebnisse die Patient*innen jedoch nicht. Das Vetrauen in die eigenen Tracker ist größer als in die Untersuchungen im Schlaflabor.

Die unterschiedlichen Ergebnisse sind darin begründet, dass Schlaftracker überwiegend die Bewegungen des Nutzers messen, während im Schlaflabor eine sogenannte Polysomnographie durchgeführt wird. Tracker können nicht zwischen leichtem und tiefem Schlaf unterscheiden und sind auch nicht sehr genau. Oftmals wird zum Bespiel das Lesen am Handy im Bett bereits als leichter Schlaf durch den Tracker aufgezeichnet.

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Polysomnographie

Die Polysomnographie ist eine umfangreiche Untersuchung von Schlafparametern, die in Schlaflaboren durchgeführt wird. Dadurch kann die Schafqualität und die Abfolge der verschiedenen Schlafstadien beurteilt werden. Diese Untersuchungen sind unter anderen Teil der Polysomnographie: Elektroenzephalographie (Ableitung der Hirnströme), Elektromyographie (Ableitung der Muskelspannung) und Elektrookulogramm (Ableitung der Augenbewegungen)

Fazit

Wer einen Schlaftracker nutzt, muss natürlich nicht zwangsläufig eine Orthosomnie entwickeln. Du solltest dir aber auf jeden Fall bewusst sein, dass das Tracken von Schlaf die Gefahr birgt dich "zu stressen". Wenn du schon einen Tracker benutzt, reflektiere dein Verhalten und deinen Umgang mit dem Gerät.

Trotz des Enthusiasmus für objektive Daten, den viele von uns haben, sollte man sich im Klaren sein, dass Schlaftracker nicht alle Aspekte von "gutem Schlaf" erfassen. Schlaftracker messen meist vorallem die Zeit, die im Bett verbracht wird. Schlafstörungen können so nicht diagnostiziert werden. Schlaflabore, die Polysomnographien durchführen können, ermöglichen hingegen eine fundierte Diagnose deiner Schlafprobleme.

Schlaf ist individuell! Vergleiche deinen Schlaf nicht zu sehr mit anderen oder Empfehlungen, sondern höre auch auf deinen Körper. Achte vor allem nicht nur deine Schlafdauer, sondern auch deine Schlafqualität!

Häufige Fragen zum Artikel

Quellenverzeichnis

Lena Gohlisch

Lena hat in diesem Sommer ihr Medizinstudium beendet und schreibt aktuell ihre Doktorarbeit im Bereich der Sportpsychiatrie. In ihrer Freizeit ist Lena als semiprofessionelle Spielerin in der zweiten Damen-Basketball-Bundesliga aktiv. Die Kombination von Klinikalltag, Schichtdienst und Leistungssport gelingt Lena unter anderem, weil sie sich intensiv mit der Optimierung ihres Schlafes auseinandersetzt. Ihre Erfahrungen, neue Erkenntnisse und Tipps teilt Lena gerne mit euch hier auf besserschlafen.de.

lena@besserschlafen.de