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Schlafstörungen

Demenz und Schlaf

Foto: David Matos
Mathilda Winter

Veröffentlicht von Mathilda Winter am 22.11.2020

Schlafstörungen können Folge und Ursache einer Demenz sein. Ob uns ein guter Schlaf vor der Erkrankung schützen kann und ob Melatonin bei demenzbedingten Schlafproblemen wie Störungen des Schlaf-Wach-Rhythmus hilft, erfahrt hier.


Demenz

Die Demenz ist eine chronische, voranschreitende Erkrankung des Gehirns, die mit dem Verlust höherer kognitiver Fähigkeiten einhergeht. Im Verlauf der Krankheit kommt es unter anderem zu einer abnehmender Gedächtnisleistung und nachlassendem Denkvermögen.

Über 50 Prozent aller Demenzkranken leider unter der Alzheimer Demenz. Im Rahmen dieser degenerativen Erkrankung lagern sich verschiedene Proteine im Gehirn ab und lösen vermutlich Kaskaden aus, die letztendlich zum Verlust von Synapsen und dem Absterben von Nervenzellen führen. Die genau Entstehung ist jedoch noch nicht vollständig geklärt. Charakteristisch für eine Alzheimer-Demenz sind die Ablagerung von Beta-Amloid-Plaques und Tau-Proteinen im Gehirn. Besonders betroffen sind häufig Zentren, die für Sprache, Denken und Gedächtnis zuständig sind.

Die zweithäufigste Form ist die vaskuläre Demenz. Hier ist eine Veränderung der Gefäßwand und schließlich eine Verstopfung von Gefäßen durch Blutgerinnsel ursächlich. In der Folge sind kleine Areale des Gehirns mit Blut unterversorgt und Nervenzellen sterben ab. Weitere Demenzarten treten im Rahmen einer anderen Erkrankung zum Beispiel Morbus Parkinson auf.

Lässt sich eine Demenz behandeln?

Es gibt bisher keine kausal Therapie, lediglich Medikamente und andere Maßnahmen, die das Fortschreiten einer Demenz verlangsamen sollen. Weltweit forschen daher viele Wissenschaftler*innen an der Entstehung und einer Früherkennung der Demenz, um frühzeitig, vor Beginn der Symptome, etwas gegen die Erkrankung tun zu können.

Es gibt bisher keine kausal Therapie, lediglich Medikamente und andere Maßnahmen, die das Fortschreiten einer Demenz verlangsamen sollen.

Wer ist gefährdet an einer Demenz zu erkranken? Je nach Demenzform sind unterschiedliche Risikofaktoren bekannt. Bluthochdruck, Diabetes und Rauchen erhöhen das Risiko, aber auch soziale Isolation und Depression begünstigen eine Demenz. Den größten Einfluss auf die Entstehung aller Demenzen hat allerdings das Alter selbst. Eine genetische Veranlagung kann dazu beitragen, ist aber nicht häufig.

Mittlerweile ist bekannt, dass auch chronische Schlafstörungen ein Risikofaktor für Demenz sind.

Mittlerweile ist bekannt, dass auch chronische Schlafstörungen ein Risikofaktor für Demenz sind. Ein Schlafmangel ist also längst nicht nur ein Luxusproblem, sondern kann mit ernstzunehmenden Spätfolgen verbunden sein.

Führt Schlafmangel zu Demenz?

Es konnte bereits gezeigt werden, dass Schlafstörungen eng mit den Alzheimer-typischen Ablagerung von Beta-Amyloid im Gehirn zusammenhängen. Schlaf ist nämlich nicht nur für die Regeneration des Körpers, ein starkes Immunsystem und die Konsolidierung von Wissensinhalten wichtig. Während der nächtlichen Ruhephasen werden auch Abfallprodukte, die sich im Verlauf des Tages im Gehirn angesammelt haben, abtransportiert.

Schlafentzug hingegen behindert diese Reinigungsfunktion des Gehirns, das konnte eine Studie zeigen. Männliche Probanden wurden in zwei Gruppen aufgeteilt. Die eine durfte nachts schlafen, die andere musste wach bleiben. Am Morgen maßen die Wissenschaftler*innen die Konzentration des Beta-Amyloid-Proteins in der Knochenmarksflüssigkeit der Probanden. Eine schlaflose Nacht führte im Durchschnitt zu einem Anstieg der Konzentration um sechs Prozent. Die Forschungsgruppe mutmaßt, dass die erhöhte morgendliche Beta-Amyloid-Werte über längere Zeit, zur Entstehung einer Alzheimer Demenz betragen könnten.

Schlaf im Alter

Schlafstörungen im Alter sind keine Ausnahme, eher das Gegenteil. Fast jede*r Zweite über 65 Jahre leidet unter chronischen Schlafstörungen. Das hat kann einerseits die gleichen Ursachen wie bei jungen Menschen haben. So können körperliche oder seelische Anspannung, Ängste oder störende Geräusche in der Schlafumgebung Betroffene vom Schlaf abhalten.

Andererseits ändern sich im Alter gewissen Schlafmuster. Die Tiefschlafphasen nehmen im Laufe des Lebens ab und sind weniger tief, sodass ältere Menschen häufiger kurze Wachphasen während der Nacht auftreten. Viele Menschen erwachen mit zunehmendem Alter häufig auch früher als sie es sich wünschen. Der Volksmund bezeichnet dieses Phänomen als „senile Bettflucht“.

Tagsüber kommt dann meist die Müdigkeit, sodass siches sich viele angewöhnen, kompensatorisch einen Mittagsschlafzu machen Ist dieser nicht länger als 30 Minuten, kann er helfen das Schlafdefizit der Nacht wieder aufzuholen. Ein Mittagsschlaf, der länger als eine halbe Stunde dauert, wird in der Regel aber nicht empfohlen, da das den natürlichen Schlaf-Wach-Rhythmus durcheinander bringt.

Die Melatoninproduktion nimmt im Alter ab

Hinzu kommt, dass die Ausschüttung des Schlafhormons Melatonin im Alter abnimmt. Die Produktion dieses Hormons wird tagsüber über Licht das auf unsere Netzhaut trifft gehemmt. Abends wenn es dunkel wird, schüttet unsere Epiphyse das Hormon aus und macht uns müde.

Da die Melatoninproduktion der Epiphyse altersbedingt abnimmt, haben ältere Menschen im Schnitt niedrigere Melatoninspiegel.

Studien haben gezeigt, dass eine Einnahme von Melatonin daher vor allem bei Schlafstörungen im Alter helfen kann. Das melatoninhaltige Medikament Circadin ist deshalb zur Behandlung von primären, also nicht körperlich-bedingten Schlafstörungen bei Menschen über 55 Jahren zugelassen. Bei diesen Patienten verkürzten sie unter anderem die Einschlafdauer. Die Schlafqualität nahm signifikant zu. Aufgrund schwerwiegenden Nebenwirkungen anderer Schlafmittel, zum Beispiel Benzodiazepine, können melatoninhaltige Mittel eine gute Wahl sein.

Schlafstörungen bei Demenz

Menschen, die an Demenz erkrankt sind, leiden unter Schlafstörungen, die über das altersübliche Maß hinausgehen. Rund drei Viertel schlafen häufig schlecht. Ein verbreitetes Phänomene ist zum Beispiel das „Sundowning“. So bezeichnet man Unruhezustände, die am Nachmittag oder frühen Abend auftreten. Generell schlafen Demenzkranke kürzer, sind öfter wach und haben kurze Tiefschlafphasen. Das kann sowohl für die Erkrankten als auch für pflegende Angehörige eine große Belastung sein.

Die Ergebnisse zeigen, dass die längerfristige Substitution von Melatonin über mindesten vier Wochen auch den Schlaf von Menschen mit Demenz verbessern kann.

In einer groß angelegten Metastudie haben Forscher*innen untersucht, inwiefern die Einnahme von Melatonin den Schlaf und die kognitive Leistung bei Demenz verbessern kann. Die Ergebnisse zeigen, dass die längerfristige Substitution von Melatonin über mindesten vier Wochen auch den Schlaf von Menschen mit Demenz verbessern kann. Unter der Einnahme verlängerte sich die Gesamtschlafzeit, die Schlafeffizienz war höher. Bei Patienten*Patientinnen mit Alzheimer-Demenz verbesserte sich hingegen nur die Schlafeffizienz. Die kognitiven Fähigkeiten konnte bei keiner Form der Demenz durch eine Einnahme von Melatonin gesteigert werden. Besonders Demenzkranke, die an einer Störung des Schlaf-Wach-Rhythmus leiden, können von der Substitution des Schlafhormons profitieren.

Quellenverzeichnis

Mathilda Winter

Mathilda studiert Medizin und interessiert sich besonders für psychologische Themen. Neben dem Studium hat sie als Nachtwache im Krankenhaus gearbeitet und in der Zeit viel über das Schlafen gelernt - unter anderem was es heißt, wirklich müde zu sein. Jetzt schreibt sie bei besserschlafen.de über wissenschaftliche Erkenntnisse aus der Schlafforschung und will dabei vor allem eins: Hilfreiche Tipps für eine erholsame Nacht geben.

mathilda@besserschlafen.de