bsb-logo
menu

Schlafstörungen

Schlafstörungen durch die Pille

So viele Vorteile hormonelle Verhütung hat, Schlafstörungen durch die Pille sind keine Seltenheit. Rhsupplies
Siobhan Weiss

Veröffentlicht von Siobhan Weiss am 10.08.2020

„Seit ich die Pille nehme, habe ich solche Schlafprobleme. Nachts bekomme ich auch Schweißausbrüche und fühle mich tagsüber überhaupt nicht gut.“ Eine gute Freundin klagt über die Nebenwirkungen ihrer Pille. Komisch, ich habe überhaupt keine Änderungen meines Schlafes festgestellt, seit ich hormonell verhüte. Das Thema lässt mich nicht los, also beginne ich meine Recherche…

Wie funktioniert die Pille?

Die Antibabypille ist ein hormonelles Verhütungsmittel, dessen Wirkung durch eine Unterdrückung des Eisprungs entsteht. Sie ist eines der sichersten Verhütungsmittel.

Nur 3 von 1000 Frauen, die die Pille nehmen, werden innerhalb eines Jahres schwanger!

Und sogar diese drei Schwangerschaften sind oft auf Anwendungsfehler oder Magen-Darm-Erkrankungen zurückzuführen.

Klassische Pillen sind Kombinationspräparate aus den beiden Hormongruppen der Östrogene und Gestagene. Der Wirkmechanismus der Antibabypille ist sehr komplex.

Grob zusammengefasst sorgen die Östrogene für eine verringerte Sekretion des follikelstimulierenden Hormons (FSH). Dadurch wird die Reifung der Eizelle gestoppt und sie kommt nie in das Stadium des Eisprungs.

Auch Gestagene verhindern den Eisprung. Zugleich sorgen sie dafür, dass dicker Schleim den Gebärmuttermund verschließt. Spermien können diesen Schleim nicht durchdringen. So können Eizelle und Spermium nicht zusammenfinden und es kann nicht zur Befruchtung kommen.

Unter den klassischen Pillen gibt es zahlreiche Präparate. Sie unterscheiden sich in Hormonmenge und -art. Es gibt mono-, bi- und triphasische Pillen: Bei monophasischer Kombination sind Östrogen- und Gestagenkomponente in allen wirkstoffhaltigen Tabletten unverändert dosiert. In bi- oder triphasischen Pillen variieren Hormonkonzentrationen innerhalb eines Monats. Die zugeführten Hormone passen sich so besser natürlichen Hormonkonzentrationen an und können nebenwirkungsärmer sein.

Die Pille ist ein Medikament dessen Verträglichkeit stark von Frau zu Frau und Pille zu Pille variiert. Lass dich also von deiner/m Gynäkolog*in beraten!

Sorgt die Pille für Schlafstörungen?

Schlafstörungen durch die Pille

​Deine Schlafstörungen können mit der Einnahme der Pille zusammenhängen. Für Frauen, die nicht mehr in der Pubertät und noch nicht in den Wechseljahren sind, gilt:

Pillennutzerinnen berichten häufiger von Insomnie und Tagesschläfrigkeit.

Besonders diejenigen, die die Minipille oder eine Pille der 3. Generation nehmen, schlafen weniger. Neben der Schlafzeit ist die Schlaftiefe beeinträchtigt. Pillennutzerinnen weisen einen geringeren Anteil an Tiefschlafphasen auf. Laut Studien nimmt die Schlafqualität nicht ab, der Schlaf ist jedoch weniger effizient.

Info Box Logo

Schlafeffizienz und Schlafqualität

Schlafeffizienz

Die Schlafeffizienz ist der Anteil der Zeit, die man schläft, von der Zeit die man im Bett verbringt. Machst du also um 23 Uhr das Licht aus, schläfst um 23.20 Uhr ein und dein Wecker klingelt um 7 Uhr morgens, so hast du von 8 Stunden (460 Minuten) 7.40 Stunden (440 Minuten) geschlafen. Um die Schlafeffizienz zu berechnen, kannst du die Zeiten in Minuten in diese Formel einsetzen: Schlafeffizienz=(Schlafzeit:Bettzeit)*100% In unserem Beispiel wäre das (440:460)*100%=96%. Von einer befriedigenden Schlafeffizienz spricht man ab 90%. Liegt deine Schlafeffizienz unter 85%, so hast du wahrscheinlich das Gefühl, zu lange wach zu liegen. Das kann sehr belastend sein. Viele Menschen nehmen ihren Schlaf dann als schlechter wahr als er eigentlich ist. So wird auch die gefühlte Schlafqualität schlechter. ​

 

Schlafqualität

Die Schlafqualität kann sowohl subjektiv als auch objektiv beurteilt werden. Sie beinhaltet Schlafdauer, Einschlafzeit, wie oft man nachts aufwacht und wie erholt man sich nach dem Schlafen fühlt. Objektiv kann im Schlaflabor auch der Anteil verschiedener Schlafstadien am Gesamtschlaf beurteilt werden.

Warum viele Pillennutzerinnen vor den Wechseljahren unter Schlafstörungen leiden, ist bis jetzt eine offene Frage. Eine Rolle könnten Veränderungen der Körpertemperatur spielen: Progesteron und andere Gestagene, welche in Pillen enthalten sind, steigern unsere Körpertemperatur um 0,4-0,6 Grad Zelsius. Nachts sinkt diese aber eigentlich. Forscher*innen vermuten also einen Zusammenhang zwischen Temperaturveränderungen durch die Pille und Schlafstörungen. Nachgewiesen ist diese Vermutung aber noch nicht.

Schlafverbesserungen durch die Pille

Es klingt paradox. Doch die Pille kann unseren Schlaf sowohl verschlechtern als auch verbessern. Studien zeigen, dass die Pille Frauen in den Wechseljahren hilft: Schlafstörungen gehören zu den typischen Wechseljahresbeschwerden.

Jede zweite Frau klagt in den Wechseljahren über Schlafstörungen!

Wechseljahresbeschwerden sind Folge eines Östrogenmangels. Da die meisten Pillen Östrogene enthalten, helfen sie gegen diese Symptome. Studien konnten zeigen,dass Frauen in den Wechseljahren, die die Pille einnahmen, deutlich weniger Schlafprobleme hatten:

  • Weniger Aufwachen nachts
  • Bessere Schlafeffizienz
  • Tieferer Schlaf
  • Weniger Schnarchen
Info Box Logo

Die Wechseljahre

Definition

Die Wechseljahre sind die Jahre der hormonellen Umstellung, in der die Anzahl der Eisprünge einer Frau langsam nachlässt. Bestimmt wird diese Zeit durch hormonelle Veränderungen: Vor allem die Produktion von Progesteron und Östrogen, den weiblichen Geschlechtshormonen, nimmt ab. ​

 

Wechseljahresphasen

In der Prämenopause nimmt die Hormonproduktion langsam ab. Die Frau hat noch immer Regelblutungen. Jedoch gibt es immer mehr Zyklen, in denen es trotz Blutung nicht zum Eisprung kommt. Die Menopause ist der Moment, in der die Eierstöcke die Produktion endgültig einstellen. Ab diesem Zeitpunkt kommt es zu keiner Blutung mehr. Die Postmenopause bezeichnet den Zeitraum nach der letzten Regelblutung.

 

Wechseljahresbeschwerden

​Wechseljahresbeschwerden sind größtenteils Symptome des Östrogenmangels. Zu ihnen gehören Hitzewallungen, Muskelschmerzen, Harnwegsbeschwerden, Osteoporose, Rückenschmerzen, Nervosität und Schlafstörungen.

Das Thema Wechseljahre und Schlaf lässt dich nicht los? Hier hat sich meine Kollegin Pari mit Schlafstörungen in den Wechseljahren beschäftigt.

Hormone verändern unseren Schlaf

Den Einfluss der weiblichen Geschlechtshormone auf den Schlaf sollten wir nicht unterschätzen.

Die beiden Hormone, die den weiblichen Zyklus hauptsächlich beeinflussen, sind das Östrogen und Progesteron. Ihre Konzentrationen schwanken innerhalb des Menstruationszyklus.

Die weiblichen Geschlechtshormone

Östrogen

Zur Gruppe der Östrogene gehören verschiedene Stoffe. Einer davon ist das Estradiol. Es ist das wirksamste natürliche Östrogen. Der Großteil des Estradiols wird in den Eierstöcken gebildet. In geringeren Mengen produzieren aber auch Fettzellen, Nebenniere und das Gehirn Estradiol. Seine Konzentration hängt vom Zykluszeitpunkt ab: Nach der Regelblutung nimmt sie immer mehr zu, bis sie kurz vor dem Eisprung ihren Höhepunkt erreicht. Östrogene sind wichtig für das Wachstum der weiblichen Geschlechtsmerkmale: Vagina, Gebärmutter, Eierstöcke, Eileiter, weibliche Behaarung und Brüste entwickeln sich unter ihrem Einfluss. Während des Menstruationszyklus bereiten sie die Gebärmutter auf eine Schwangerschaft vor: Gebärmutterschleimhaut und -muskulatur wachsen.

Progesteron

Das Progesteron gehört zur Gruppe der Gestagene. Es wird in der zweiten Hälfte des Menstruationszyklus von den Eierstöcken ausgeschüttet. Außerdem produzieren auch die Nebenniere, die Plazenta während der Schwangerschaft und sogar die Hoden Progesteron!

Progesteron passt Gebärmutterschleimhaut und -muskulatur so an, dass sich eine befruchtete Eizelle hier optimal einnisten kann. Außerdem sorgt Progesteron für eine Erhöhung der Körpertemperatur um zirka 0,5 Grad. Dies könnte laut Forscher*innen ein Grund sein, warum so manche Pillennutzerin unter Schlafstörungen leidet.

Frauen schlafen schlechter als Männer

Viele Studien ergaben, dass Frauen durchschnittlich schlechter schlafen als Männer.

Frauen haben ein doppelt so hohes Risiko an Schlafstörungen zu erkranken wie Männer.

Doch warum ist das so? Forscher*innen vermuten, dass hier die Anfälligkeit für Stress eine große Rolle spielt. Frauen sind schnell gestresst, nervös und ängstlich. Das klingt für dich vielleicht wie ein Vorurteil aus den 60ern. Wissenschaftlich gesehen ist das aber gar nicht so falsch. Eine höhere Prädisposition(also Anfälligkeit) für Stress wurde mehrfach durch Studien belegt. Schuld ist eine Kombination aus zwei Faktoren: Hormone und Lifestyle.

Hormone

Wie gut du schläfst, kann damit zusammenhängen, an welchem Punkt deines Menstruationszyklus du dich gerade befindest: In der Mitte der zweiten Hälfte des Menstruationszyklus, also zirka eine Woche nach dem Eisprung, beginnen Östrogen- und Gestagenkonzentrationenzu sinken. Dies führt zu schlechterem Schlaf: Frauen wachen häufiger nachts auf und schlafen unruhiger.

Wann treten Schlafstörungen durch hormonelle Veränderungen häufiger auf?

  • In den Wechseljahren
  • In der Pubertät
  • Im Rahmen einer Schwangerschaft
  • Bei Frauen mit irregulären oder unregelmäßigen Menstruationszyklen
  • Bei Frauen mit prämenstruellen Beschwerden (PMS)

Lifestyle

Auch der Alltag von Frauen birgt durchschnittlich ein höheres Stressrisiko als der von Männern. Seit den 70ern ist die Unabhängigkeit der Frau und ihre Partizipation an der Gesellschaft enorm angestiegen. Doch behielten viele gleichzeitig ihre klassischen „Frauenaufgaben“.

Kinderbetreuung und Haushaltstätigkeiten werden durchschnittlich noch immer häufiger von Frauen verrichtet, auch wenn diese täglich zur Arbeit gehen.

Natürlich trifft das nicht auf alle zu! Statistische Analysen zeigen aber, dass es in vielen Familien noch nicht vollkommen zum Ausgleich kam…

Doch Veränderungen brauchen Zeit. Ich bin zuversichtlich, dass unsere Generation dieses Problem lösen kann. So können wir unabhängig von unserem Geschlecht in Zukunft alle ruhiger schlafen!

Häufige Fragen zum Artikel

Quellenverzeichnis

Siobhan Weiss

Medizinstudentin und Schlafexpertin

Siobhan studiert Medizin und möchte sich später auf Neurologie spezialisieren. Ihr großes Interesse für das Thema Schlaf entwickelte sie, als sie sich im Studium mit der Entwicklung des Gehirns auseinandersetzte. Bei besserschlafen.de ist Siobhan dafür zuständig, komplexe medizinische Inhalte so zu erklären, dass jeder sie verstehen kann. So möchte sie ihre Faszination für den menschlichen Körper mit vielen Menschen teilen. In ihrer Freizeit macht Siobhan viel Sport und schläft auch gerne mal aus.

siobhan@besserschlafen.de