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Schlafstörungen

Zerschmetternd: Das Exploding Head Syndrome

Das Exploding Head Syndrome. healing_photographer
Siobhan Weiss

Veröffentlicht von Siobhan Weiss am 05.09.2020

Lauter Donner, begleitet von einem Lichtblitz und dem starken Gefühl von Angst. Regelmäßig wacht Amelie L. mit pochendem Herzen schon kurz nach dem Einschlafen wieder auf. Bis sie sich an ihre Ärztin wandte, hatte sie große Angst hinter den Symptomen verstecke sich ein Hirntumor. Doch die Diagnose trägt einen eindrucksvollen Namen: Exploding Head Syndrome.

Woran erkenne ich das Exploding Head Syndrome?

Das Exploding Head Syndrome tritt während des Einschlafens auf. Plötzlich vernehmen Betroffene ein lautes Geräusch, welches sie erweckt. Dies ist oft mit dem Gefühl von Angst und einem erhöhten Puls verbunden.

Kommt dir das bekannt vor? Das kann gut sein! Das Exploding Head Syndrome ist nämlich nicht selten:

Studienergebnisse besagen, dass bis zu 40 Prozent aller Menschen schonmal unter dem Exploding Head Syndrome gelitten haben oder noch darunter leiden!

Doch woran erkenne ich das Exploding Head Syndrome?

Das Geräusch klingt meistens wie ein Schuss, eine Explosion oder Donner. Es kann aber auch ein anderes lautes Geräusch sein. Die Hauptsache ist: Es ist laut und du wirst dadurch geweckt. Viele Personen haben gleichzeitig eine visuelle Eingebung. Sie berichten von hellen Lichtblitzen, die mit dem Geräusch assoziiert sind.

Wichtige Charakteristika sind:

  • lautes Geräusch, welches kürzer als eine Sekunde ist
  • das Geräusch weckt die betroffene Person auf
  • das Geräusch gehört nicht zu einem Traum
  • Betroffene erinnern sich später daran
  • Betroffene haben keine Schmerzen

Wer ist betroffen?

Ein erhöhtes Risiko für das Exploding Head Syndrome entsteht durch verschiedene Faktoren: Hast du viel Stress oder häufig Angst, ist deine Wahrscheinlichkeit, ein Exploding Head Syndrome zu entwickeln, höher. Auch wenn du bereits unter anderen Schlafkrankheiten leidest, hast du ein höheres Risiko.

Besonders Paralysepatient*innen sind gefährdet: Paralyse ist der Fachbegriff für Schlaflähmung. Unter einer Schlaflähmung versteht man die Unfähigkeit sich kurz nach dem Aufwachen beziehungsweise kurz vor dem Einschlafen willkürlich bewegen zu können. Betroffene sind also bei Bewusstsein, aber regungslos. Ganz schön beängstigend! Wenn man dann noch durch laute Geräusche und Lichtblitze aus dem Schlaf gerissen wird, kann das schon sehr belastend sein… 

Was ist die Ursache des Exploding Head Syndrome?

Das Exploding Head Syndrome wurde 1876 erstmals beschrieben, dennoch ist es bis jetzt wenig erforscht. Wissenschaftler*innen mutmaßen über verschiedene Ursachen, belegt ist bis jetzt aber keine dieser Hypothesen…

Diese Theorien gibt es derzeit zur Entstehung des Exploding Head Syndromes

Migräne

Manche Forscher*innen vermuten eine Verbindung mit einer Migräne. Oft tritt bei Migränepatient*innen eine sogenannte Aura auf: Eine Migränettacke kündigt sich häufig durch Gereiztheit, Müdigkeit und Lichtempfindlichkeit an. Zwischen dieser Phase und der charakteristischen Kopfschmerzphase berichten viele Patient*innen von Missempfindungen der Sinne: Kribbeln in den Armen und Sehstörungen gehören hier zu den häufigsten Symptomen. Das Exploding Head Syndrome könnte laut Forschenden auch dazugehören.

Epilepsie

Auch eine Form von Epilepsie könnte ursächlich sein. Jedoch sprechen wir hier nicht von klassischen epileptischen Krampfanfällen wie du sie vielleicht aus Filmen kennst: Epilepsie bedeutet eigentlich nur, dass viele Nervenzellen im Gehirn unkontrollierte Aktivitäten aufweisen. Die Neuronen stacheln sich dabei gewissermaßen gegenseitig an. Es entstehen Wellen von Nervenaktivität, welche zu Symptomen führen können. Eines davon sind die charakteristischen Krampfanfälle. Es kann aber auch zu Bewusstseinspausen, Schwindel, dem Sehen von Lichtblitzen und Höreindrücken kommen. Wissenschaftler*innen vermuten nun, dass besondere Formen dieser Anfälle im Temporallappen des Gehirns auch zum Exploding Head Syndrome führen können. Klingt logisch, müsste aber noch bewiesen werden.

Genmutation

Eine weitere Theorie zur Ursache des Exploding Head Syndromes ist eine Genmutation im Gehirn: Die Mutation solle dazu führen, dass Kalziumkanäle an Nervenzellen nicht so gut funktionieren. Dies verändere die Aktivität dieser Nervenzellen.

Störung des Hörsystems

Viele Forschende vermuten Störungen des inneren Hörsystems des Gehirns hinter dem Exploding Head Syndrome. Hier gibt es verschiedene Ideen, was genau gestört ist.

Im Mittelohr könne eine Störung des Trommelfells oder des Muskels, der dieses spannt, verantwortlich sein.

Auch eine gestörte Bildung von Innenohrflüssigkeit oder eine fehlerhafte Weiterleitung der akustischen Signale vom Innenohr zum Gehirn werden diskutiert.

Medikamente

Benzodiazepine wie Diazepam werden häufig als Schlafmittel verschrieben. Sie beruhigen und helfen beim Einschlafen, lassen viele aber weniger erholsam und tief schlafen. Das liegt daran, dass durch Benzodiazepine unsere natürlichen Schlafzyklen verändert werden. Dadurch könne es auch zu den Symptomen eines Exploding Head Syndromes kommen.

Auch manche Antidepressiva wie Citalopram sind mit einem vermehrten Auftreten des Exploding Head Syndromes assoziiert.

Ist das Exploding Head Syndrome gefährlich?

Hier sind Forschende sich einig: Nein.

Das Exploding Head Syndrome stört den Schlaf und kann Betroffene psychisch beeinträchtigen. Es ist jedoch KEIN Symptom für Gehirntumore oder ähnliches.

Das eigentliche Problem ist die Unbekanntheit des Exploding Head Syndromes: Sowohl Ärzt*innen als auch Betroffene haben häufig noch nie davon gehört. So ist vielen gar nicht bewusst, dass das, worunter sie leiden, weder selten noch gefährlich ist. Sie steigern sich in die Vorstellung hinein, sie haben Anzeichen einer schrecklichen Krankheit. Sie trauen sich aber nicht darüber zu sprechen, weil es ihnen peinlich ist.

Die Kombination ist das was eigentlich krank macht: Stress und Angst können zu schwerwiegenderen psychischen und Schlafproblemen führen… 

Wie werde ich die Symptome los? 

Auch wenn das Exploding Head Syndrome selbst als ungefährlich gilt, kann es doch ganz schön störend sein: Ständiges Erwachen, erhöhter Puls und Angstgefühle vermindern die Schlafqualität zum Teil stark.

Was kannst du also dagegen tun?

Zunächst einmal kann es schon helfen, die Schlafbedingungen zu verbessern. Mediziner*innen nennen das Schlafhygiene: Dazu gehören ein möglichst dunkler, kühler Raum, die Vermeidung von störenden Geräuschen und eine angenehme Schlafkleidung. Auch Stressreduktion und beruhigende Abendroutinen können Wunder wirken. Leidest du unter einer anderen Schlaf- oder einer Angststörung solltest du diese zunächst behandeln lassen. Oft verschwindet das Exploding Head Syndrome mit diesen.

In schlimmen Fällen können auch Medikamente helfen

  • Nifedipin, ein Blutdrucksenker
  • Amitryptilin und Duloxetin, Antidepressiva
  • Topiramat, ein Antiepileptikum

Alle diese Medikamente haben jedoch auch Nebenwirkungen. Daher empfehlen Ärzt*innen zunächst anders zu versuchen, das Exploding Head Syndrome loszuwerden. Dies klappt häufig.

Außerdem hat das Exploding Head Syndrome eine gute Prognose: Bei den meisten verschwindet es mit der Zeit ganz von selbst wieder!

Quellenverzeichnis

Siobhan Weiss

Medizinstudentin und Schlafexpertin

Siobhan studiert Medizin und möchte sich später auf Neurologie spezialisieren. Ihr großes Interesse für das Thema Schlaf entwickelte sie, als sie sich im Studium mit der Entwicklung des Gehirns auseinandersetzte. Bei besserschlafen.de ist Siobhan dafür zuständig, komplexe medizinische Inhalte so zu erklären, dass jeder sie verstehen kann. So möchte sie ihre Faszination für den menschlichen Körper mit vielen Menschen teilen. In ihrer Freizeit macht Siobhan viel Sport und schläft auch gerne mal aus.

siobhan@besserschlafen.de