bsb-logo
menu

Schlafstörungen

Partydrogen und ihre Auswirkung auf den Schlaf

pexels.com
Benito Schilling

Veröffentlicht von Benito Schilling am 18.08.2020

Die negativen Auswirkungen von legalen Drogen wie Alkohol und Zigaretten auf den Schlaf sind bekannt. Doch wie wirken sich eigentlich illegale Partydrogen wie Ecstasy, MDMA und Kokain auf den Schlaf aus?

Legale Drogen wie Alkohol und Zigaretten, manche würden auch Kaffee dazu zählen, sind in unserem Alltag omnipresent und werden regelmäßig von einem Großteil der Weltbevölkerung konsumiert. Die Auswirkungen dieser Drogen auf unseren Schlaf sind schlecht. Nikotin und Koffein haben eine wachmachende Wirkung, verhindern so ein schnelles Einschlafen und haben auch negative Effekte auf die Schlafqualität. Alkohol hingegen kann beim Einschlafen manchmal sogar hilfreich sein, mindert aber die Dauer und ebenfalls die Qualität des Schlafes. Darüber haben wir in anderen Artikeln schon berichtet.

Dieser Artikel soll sich Drogen widmen, welche nicht legal konsumiert werden können, nicht so salonfähig sind wie das Glas Wein und die dazugehörige Zigarette am Abend, welche aber trotzdem von vielen Menschen auf der Welt relativ regelmäßig konsumiert werden. Wie wirken sich diese illegalen Drogen auf den Schlaf aus?

3 Tage wach ist nicht nur ein Song, sondern für viele Berliner-Techno-Heads jedes Wochenende Realität.

Insbesondere in Großstädten mit einer lebendigen Club-Kultur, wie zum Beispiel Berlin oder London, gehören Partydrogen für viele Nachtschwärmer zum Tanzen dazu. Ob Speed, Kokain, MDMA, Ecstasy, oder Ketamin, die meisten dieser Drogen haben gemein, dass sie aufputschend Wirken und über die Ausschüttung von Neurotransmittern für gesteigerte Empfindungen sorgen. Dass diese Drogen schädlich sind und einige ein enormes Abhängigkeitspotential, sowie das Potential für schwere psychische Nebenwirkungen bergen, ist bekannt. Weniger bekannt ist, wie sie sich auf den Schlaf auswirken.

Wir haben uns die gängigsten Partydrogen vorgenommen und wollen anhand der bekannten Wirkungsweisen und anhand von Erfahrungsberichten ihre Wirkung auf den Schlaf beleuchten.

Info Box Logo

Das vegetative Nervensystem

Sympathikus

Der Sympathikus ist der Teil des menschlichen vegetativen Nervensystems, welcher den Körper in Leistungsbereitschaft versetzt und Energiereserven abbaut. Man könnte ihn als den wach-machenden Teil des Nervensystems bezeichnen.

 

Parasympathikus

Der Parasympathikus ist der Teil des vegetativen Nervensystems, welcher der Gegenspieler des Sympathikus ist und Körperfunktionen aktiviert, die der Regeneration und dem Aufbau von Energiereserven dienen. Es ist quasi der Teil des Nervensystems, welcher uns müde macht.

Kokain

Kokain wird aus dem Cocastrauch gewonnen und muss über verschiedene chemische Prozesse zu Formen weiterverarbeitet werden, die der menschliche Organismus über die Schleimhäute oder eine Inhalation aufnehmen kann. Kokain gehört zur Gruppe der Stimulanzien und birgt ein sehr hohes, vor allem psychisches, Abhängigkeitspotential.

Wirkung

Neurotransmitter werden von Nervenzellen in den sogenannten synaptischen Spalt ausgeschüttet und können dort an ihre jeweiligen Rezeptoren andocken. Der synaptische Spalt ist quasi der Raum zwischen einer Nervenzelle und der nächstgelegenen Zelle, an der die Wirkung von ausgeschütteten Neurotransmittern erfolgen soll. Bestimmte Transporter sorgen nun normalerweise dafür, dass die ausgeschütteten Neurotransmitter wieder in die Zelle aufgenommen werden, damit sie nicht für ewig an den Rezeptoren im synaptischen Spalt wirken.

Kokain verhindert die Wiederaufnahme (Re-Uptake) von Noradrenalin, Dopamin und Serotonin aus dem synaptischen Spalt. Dadurch erhöht sich die Konzentration dieser Neurotransmitter im synaptischen Spalt und letztendlich auch die Wirkung an den jeweiligen Rezeptoren. Dies führt bei Konsumenten zu Euphorie, Aktivitätssteigerung, Wachheit und Selbstüberschätzung. Weiter äußert sich die Wirkung durch einem enthemmten Redefluss, einer Weitstellung der Pupillen und einer verstärkten Toleranz gegenüber Alkohol.

Ebenfalls hemmt Kokain Natriumkanäle am Ort der Aufnahme (zum Beispiel der Nasenschleimhaut) und löst dort ein Taubheitsgefühl aus. Diesen Effekt machten sich zu Anfang des 19. Jahrhunderts Ärzte zu Nutze und injizierten vor Operationen Kokain in den Spinalkanal, um so eine Anästhesie bei Patienten zu erzeugen und diese operieren zu können.

Auswirkung auf den Schlaf

Da Kokain eine verstärkte Wirkung der Neurotransmitter zur Folge hat, welche zum Sympathikus gehören, liegt es nah, dass während und einige Stunden nach der Einnahme nicht an Schlaf zu denken ist. Viele Konsumenten berichten in Foren über eine kontinuierliche Einnahme über das ganze Wochenende mit einem kompletten Verzicht auf Schlaf. Der Schlaf nachdem die Party dann vorbei ist, scheint dennoch als möglich und erholsam empfunden zu werden. Anders als bei anderen Drogen, die noch tagelang nachwirken und einen erholsamen Schlaf verhindern.

Studien konnten zeigen, dass Kokainabhängige trotz der aufputschenden Wirkung meist in ein relativ normales Schlafverhalten zurückfinden konnten. Gegeben der Konsum wurde eingestellt. Vielleicht mag es daran liegen, dass Kokain die Droge des feierwütigen, aber auch leistungsbereiten Teils der Gesellschaft ist, da sie einen kontrollierten Rausch erlaubt und Regenerationsphasen zulässt. Nichtsdestotrotz kann es beim Konsum zu lebensbedrohlichen Blutdruckkrisen kommen, welche im schlimmsten Fall mit Hirnblutungen und Herzinfarkten einhergehen können.

Info Box Logo

Neurotransmitter die für einen Rausch verantwortlich sind

Noradrenalin

Noradrenalin ist ein Katecholamin welches in den Nebennieren und verschiedenen Neuronen produziert wird. Es wirkt an Adrenorezeptoren und ist der Hauptsächliche Neurotransmitter des Sympathikus, also des Teils des menschlichen vegetativen Nervensystems, welches für die sogenannte „Fight or Flight“-Reaktion zuständig ist. Vereinfacht gesagt sorgt Noradrenalin für einen gesteigerten Blutdruck und steigert in geringerem Umfang auch die Herzfrequenz.

 

Dopamin

Dopamin gehört ebenfalls zu den Katecholaminen und ist ein Zwischenprodukt der Synthese von Noradrenalin und Adrenalin, entfaltet aber ganz eigene Wirkungen im menschlichen Körper. Dopamin vermittelt seine Wirkung zum einen über Adrenorezeptoren, zum anderen aber auch über Dopaminrezeptoren. Es steigert so Blutdruck und Herzfrequenz, wirkt gleichzeitig zentral auch als „Belohnungshormon“ und löst so positive Gefühlserlebnisse aus.

 

Serotonin

Serotonin ist ebenfalls ein Neurotransmitter und vermittelt vielfältige Wirkungen im zentralen, sowie im peripheren Nervensystem. Es beeinflusst so die Körpertemperatur, den Appetit, die Emotionen, die Stimmung und den Antrieb, die Bewusstseinslage, den Schlaf-Wach-Rhythmus, dient als kurzfristiges Belohnungshormon und hat Einfluss auf die Bewertung von Schmerzen.

Speed

Speed, oder auch Pepp, ist ein Verschnitt aus Amphetamin und verschiedenen Zusatzstoffen. Es gehört wie Kokain zu den Stimulanzien, ist jedoch deutlich günstiger.

Wirkung

Bei der Einnahme von Amphetaminen kommt es zu einer vermehrten Ausschüttung von Adrenalin, Noradrenalin und Dopamin. Ähnlich der Wirkungsweise von Kokain, bewirkt Amphetamin auch eine Hemmung der Wiederaufnahme der zuvor ausgeschütteten Neurotransmitter. Es kommt zu einer vermehrten Sympathikus-Aktivierung, kann Euphorie auslösen, macht in erster Linie jedoch extrem wach.

Auswirkung auf den Schlaf.

Die Ausschüttung von Adrenalin und die lange Halbwertszeit von Amphetaminen sorgen für eine lang-anhaltende Wachheit, noch weit über die Einnahme hinaus. Konsumenten berichten in Foren über extreme Einschlafschwierigkeiten und vermehrte Probleme durchzuschlafen. Zu den gleichen schwerwiegenden Komplikationen, über die wir schon bei der Einnahme von Kokain berichtet haben, kann es bei Amphetaminen noch zu ausgeprägten Erschöpfungszuständen durch Schlafmangel kommen.

Info Box Logo

Suchtberatung

In Deutschland existiert ein großes Netzwerk an Suchtberatungsstellen, welche die erste Anlaufstelle bei Problemen aller Art im Zusammenhang mit Drogen sein können. Die Seite des Bundesamtes für gesundheitliche Aufklärung bietet hier eine gute Suchfunktion an, um Suchtberatungsstellen in eurer Nähe zu finden: https://www.bzga.de/service/beratungsstellen/suchtprobleme/

MDMA und Ecstasy

MDMA ist der in Ecstasy enthaltene Wirkstoff, weshalb wir die beiden Drogen hier zusammenfassen. Allerdings befinden sich in Ecstasy-Pillen meist noch eine Reihe von Zusatzstoffen, welche die Wirkung der Pillen oft sehr unberechenbar machen.

Wirkung

MDMA bewirkt eine massive Freisetzung und gleichzeitig eine Wiederaufnahmehemmung von Noradrenalin, Dopamin und in verstärktem Maße auch von Serotonin. Daneben hat MDMA auch eine eigene (intrinsische) Aktivität und aktiviert adrenerge und serotonerge Rezeptoren selbst. Die Wirkung äußert sich durch eine ausgeprägte Euphorie, gesteigerte Wachheit, eine Weitung der Pupillen, Mundtrockenheit, Appetitlosigkeit und kann wie Kokain und Co zu ausgeprägten kardiologischen Nebenwirkungen wie Bluthochdruckkrisen, Schlaganfällen und Herzinfarkten führen. Anders als Kokain wirkt MDMA vermehrt psychogen und kann neben positiven Erfahrungen auch Halluzinationen und psychotische Zustände hervorrufen. Trinken Konsumenten während der Einnahme nicht genügend Wasser und Schwitzen beim Tanzen dazu noch vermehrt, kann es zu lebensbedrohlichen Hyperthermien kommen.

Auswirkungen auf den Schlaf

Durch die Ausschüttung von sympathisch-wirkenden Neurotransmittern, bewirkt auch MDMA eine Hemmung der Müdigkeit. In Foren wird über enorme Einschlafschwierigkeiten berichtet, welche über mehrere Tage anhalten können. Insbesondere berichten viele über einen ausgeprägten „Blues“ in den Folgetagen. Aufgrund der massiven Ausschüttung von Neurotransmittern, zu welchen auch die sogenannten Glückshormone wie Serotonin und Dopamin gehören, werden die Speicher geleert und es steht in den Tagen nach der Party erst einmal weniger „Glück“ zur Verfügung. Studien konnten zudem zeigen, dass es nach dem Konsum von Ecstasy zu vermehrten Atemaussetzern in der Folgenacht kommen kann. Wie gefährlich diese werden können, ist derzeit noch unklar.

Ketamin

Ketamin ist eigentlich ein Narkotikum, welches in der Veterinär- und Humanmedizin als Narkose- und Schmerzmittel genutzt wird. Ketamin wirkt anders als die meisten „Partydrogen“ an Glutamat-NMDA-Rezeptorkomplexen und entfaltet darüber vielfältige Wirkungen

Wirkung

Die Wirkungen von Ketamin sind relativ komplex. Zum einen wirkt es schmerzlindernd und versetzt den Konsumenten in einen hypnotischen Rauschzustand. Es gilt eher als „Downer“ und nicht wie Kokain und Co als „Upper“. Sehr speziell für die Wirkung von Ketamin ist der sogenannte dissoziative Zustand. Konsumenten beschreiben dies als eine Trennung von Geist und Körper, einen Trance-ähnlichen Zustand. Allerdings hat auch Ketamin eine Sympathikus-steigernde-Wirkung und erhöht so die Herzfrequenz und den Blutdruck. Dies macht sich die Notfallmedizin zu Nutze und leitet bei Unfallopfern, die eine Anästhesie und Schmerzstillung vor Ort benötigen, die Narkose oft mit Ketamin ein, da dies die Gefahr von niedrigen Blutdrücken und einer sehr langsamen Herzfrequenz verhindert, wie sie bei anderen Narkosemitteln sonst oft auftreten.

Auswirkungen auf den Schlaf

Der Körper ist wie bei Antriebssteigernden Drogen wach. Blutdruck und Herzschlag sind erhöht, allerdings ist der „Geist“ eher beruhigt. Über ein ähnlich paradoxes Schlafverhalten berichten auch Konsumenten. Das Einschlafen nach einer „Keta-Nacht“ fiele oft nicht schwer, allerdings fühle sich der Schlaf nicht erholsam an und es komme vermehrt zu sogenannten Aufwachreaktionen. Aufwachreaktionen werden als ein Hochschrecken aus dem Schlaf beschrieben, welche mit Gefühlen der Angst und körperlichen Reaktionen, wie vermehrtem Schwitzen und Herzklopfen einhergehen. Diese können über mehrere Tage nach der Beendigung des Konsums anhalten und bei einigen Betroffenen zu depressiven Verstimmungen führen. Allerdings ist Ketamin auch Objekt der Depressions-Forschung und wird experimentell zur Behandlung von Depressionen eingesetzt. Die Wirkungen scheinen also noch nicht wirklich verstanden zu sein und bedürfen weiterer Studien.

Was hilft beim Einschlafen nach dem Feiern auf Drogen?

Das Internet ist voll von Tipps für ein besseres Einschlafen nach einer, oder auch mehreren durchgemachten Partynächten auf Drogen. Dabei reichen die Empfehlungen von Yogi-Tee, über Joints, bis hin zu Schlafmitteln. Ob Kokain, oder MDMA, der Konsum von diesen Drogen hat dafür gesorgt, dass der Körper wachmachende Neurotransmitter ohne Ende ausgeschüttet hat und diese meist noch einige Zeit durch den Körper schwirren, bis sie abgebbaut worden sind. Dem Körper kann man dabei höchstens mit Entspannung und gesundheitsfördernden Maßnahmen helfen. Keine laute Musik mehr, kein grelles Licht, ausreichend trinken, auch mal wieder etwas essen und alles was Entspannung bringt, ohne dafür wieder auf Substanzen zurpückzugreifen.

Der Joint, oder das Schlafmittel, mag für den ein oder anderen Konsumenten in Foren zwar funktionieren, allerdings birgt Mischkonsum immer Gefahren. Der Körper ist nach einer Partynacht schon erschöpft, dehydriert und der Neurotransmitterhaushalt steht Kopf. Mischkonsum zum „runterkommen“ kann Psychosen auslösen und den Kater, wie auch den „Blues“, am nächsten tag verstärken. Insbesondere Schlafmittel wie Benzos, aber auch Alkohol, können zu bedrohlichen Atemstillständen führen und sollte lieber nicht zum runterkommen benutzt werden.

Also, wer nicht schlafen kann, sollte überlegen, ob die Nacht es wert war und auf natürliche Entspannungsmittel zurückgreifen.

Häufige Fragen zum Artikel

Quellenverzeichnis

Benito Schilling

Medizinstudent und Schlafexperte

Benito ist Medizinstudent und und interessiert sich für alle Themen rund um Gesundheit, Sport und Schlaf. Sein Nebenjob im Schlaflabor eines Uniklinikums bringt ihn in unmittelbare Nähe von Schlafexperten, Neurologen mit der Zusatzbezeichnung Schlafmediziner, welche er frei heraus zu medizinischen Schlafthemen befragt, sobald er bei seinen Recherchen auf Unklarheiten stößt. Er selbst versucht seinen Schlaf jede Nacht auf's Neue zu optimieren und findet, Schlaf sei aus medizinischer Sicht einer der interessantesten Teile der menschlichen Physiologie. Benito ist unser Experte für alle medizinischen Themen rund um Schlaf, Schlafprobleme und der Physiologie dahinter.

benito@besserschlafen.de