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Schlafstörungen

Narkolepsie: „Die Schlafsucht“ Schlafattacken und Müdigkeit

Benito Schilling

Veröffentlicht von Benito Schilling am 08.05.2019

Süchtig nach Schlaf sein, gibt es das wirklich? Natürlich handelt es sich bei Narkolepsie nicht um normale Müdigkeit bedingt durch zu wenig Schlaf. Narkolepsie ist eine neurologische Erkrankung, die sich durch andauernde Schläfrigkeit und Schlafattacken äußert, welche die Betroffenen extrem beeinträchtigen. Was es mit der Diagnose Narkolepsie auf sich hat und was die Begriffe Kataplexie und Schlaflähmung bedeuten, klären wir hier.

Was ist Narkolepsie?

Narkoleptiker verspüren in den unpassendsten Situationen den Drang schlafen zu müssen und können diesen nicht bekämpfen. Mitten in wichtigen Gesprächen, zum Beispiel im Vorstellungsgespräch, schlafen sie einfach ein. Emotionen wie Freude über einen Heiratsantrag können zu einer so starken Reaktion führen, dass Betroffene alle Muskelspannung verlieren und einfach in sich zusammensacken.

Narkolepsie (englisch narcolepsy), umgangssprachlich auch als „Schlafsucht“ oder „Schlummersucht“ bezeichnet, ist eine neurologische Erkrankung, bei der die Betroffenen immer müde sind und mit einer Reihe anderer Symptome zu kämpfen haben. Patienten mit Narkolepsie leiden unter einer gestörten Schlaf-Wach-Regulation, die mit extremer Tagesmüdigkeit, auch Hypersomnie genannt, plötzlichem Verlust der Muskelspannung (Kataplexie), Schlaflähmungen und sogar Halluzinationen einhergeht. Insomnie im Gegensatz bezeichnet eine Krankheit, bei der die Beeinträchtigung durch eine andauernde Wachheit besteht!

Erste Symptome der Schlafkrankheit zeigen sich meist zwischen dem zehnten und 20. Lebensjahr. In Europa leiden Schätzungen der deutschen Gesellschaft für Schlafforschung und Schlafmedizin zufolge 26 bis 50 pro 100.000 Menschen an der Hypersomnie und den Schlafattacken.

Erste Symptome der Schlafkrankheit zeigen sich meist zwischen dem zehnten und 20. Lebensjahr. In Europa leiden Schätzungen der deutschen Gesellschaft für Schlafforschung und Schlafmedizin zufolge 26 bis 50 pro 100.000 Menschen an der Hypersomnie und den Schlafattacken.

Ursache für die Schlafkrankheit ist wahrscheinlich ein Mangel des Neurohormons Hypokretin, welches das Schlaf-Wach-Verhalten reguliert. Mögliche Auslöser des Mangels sind Infektionen und Impfungen. Es existieren verschiedene Therapieansätze für Narkolepsie. Die Krankheit ist jedoch chronisch und eine Heilung ist nicht zu erwarten.

Die Symptome der Narkolepsie

Patienten, die unter Narkolepsie leiden, haben mit einer ganzen Reihe möglicher Symptome zu kämpfen.

Neben einer ausgeprägten Tagesmüdigkeit werden die Betroffenen immer wieder von Schlafattacken überrascht. Insbesondere während monotoner Tätigkeiten wie Fernsehen, aber auch mitten im Gespräch mit Anderen, müssen Menschen mit Narkolepsie oft kürzere Schlafpausen einlegen. Nach 15-30 Minuten fühlen sich diese dann meist wieder erholt und können einige Stunden ohne die extreme Müdigkeit verbringen. Diese Schlafattacken treten übrigens trotz ausreichendem Schlaf in der vorherigen Nacht auf. Sie sind also nicht mit normaler Müdigkeit oder Erschöpfung gleichzusetzen.

Fast noch schlimmer als das nie endende Bedürfnis nach Schlaf ist die Kataplexie. Dabei handelt es sich um einen plötzlichen Kontrollverlust über die Muskulatur einzelner Bereiche des Körpers, oder sogar der kompletten Haltemuskulatur. Emotionale Reaktionen wie Aufregung, Freude, oder auch Ärger triggern diese Symptomatik. Betroffene können plötzlich nicht mehr richtig sprechen, oder sacken in sich zusammen. Dieser Zustand hält dann bis zu zwei Minuten an, bevor sie die Kontrolle über ihren Körper wiedererlangen.

Auch automatisches Verhalten gehört zu den Symptomen. Patienten führen eine begonnene Tätigkeit einfach fort, ohne noch zu verstehen, was sie gerade machen und können sich kurz danach schon gar nicht mehr daran erinnern. Beispielsweise lesen einige Betroffene über Sekunden oder Minuten ein Buch, ohne den Inhalt des Textes wirklich wahrzunehmen.

Doch nicht nur tagsüber ist der Leidensdruck von Narkoleptikern sehr groß. Beim Einschlafen oder Aufwachen kann es zu sehr realistisch anmutenden Halluzinationen kommen. Diese können akustisch, visuell, aber auch taktil, also den Tastsinn betreffend, sein. Narkoleptiker spüren dann zum Beispiel plötzlich etwas an ihrer Hand, hören stimmen und sehen Dinge, die gar nicht im Raum sind.

Fast noch schlimmer als die vorangegangenen Symptome ist die Schlaflähmung. Hierbei können sich Narkolepsie-Patienten kurz nach dem Aufwachen nicht bewegen, sind jedoch schon bei vollem Bewusstsein.

Interview mit einer Narkoleptikerin

Pari, eine unserer besserschlafen.de Mitarbeiterin, hat während unserer Recherche zum Thema mit einer Betroffenen gesprochen. Melanie bekam im November 2018 die Diagnose Narkolepsie Typ 1 und geht seit diesem Jahr sehr öffentlich mit ihrer Erkraknung um. Mit ihrem Instagram Profil möchte sie auf die Krankheit aufmerksam machen und ein bewusstsein für Menschen mit dieser Erkrankung in der Öffentlichkeit schaffen.

Pari: Unter welcher Form der Narkolepsie leidest du?

Melanie: Ich leide unter Narkolepsie Typ 1.

Pari: Wie hast du dich nach der Diagnose gefühlt?

Melanie: Als das erste Mal die Vermutung einer Narkolepsie ausgesprochen wurde, war es schon ein ziemliches Gedankenkarussell.

Als ich dann die Diagnose definitiv bekam, hab ich geweint.
Man wusste, es könnte so kommen, doch wenn es dann definitiv ist, wird es einem langsam bewusst. Ich hatte Selbstmitleid und auch Angst, denn man hat irgendwie keine Ahnung was auf einen zukommt.
Ich persönlich fand dies auch absolut OK und normal in den ersten Tagen einfach mal Frust rauszulassen, denn ich wusste ich werde mich schon wieder fangen. Und das habe ich auch. Es gibt immer mal wieder Tage, wo man an seine Grenzen stößt und ich denke, die wird es immer geben. Jedoch habe ich meinen Weg einigermaßen gefunden, dies Hand zu haben.

Pari: Auf welche Dinge musst du aufgrund der Narkolepsie verzichten?

Melanie: Wirklich verzichten, muss ich persönlich nur aufs Autofahren. Bei vielen anderen Dingen muss man einen Weg finden, wie es sich mit der Narkolepsie und dem persönlichen Wohlbefinden verträgt. Darum ist es in meinen Augen nicht wirklich ein Verzicht, sondern eher ein Arrangieren zwischen dem Leben und der Narkolepsie.

Pari: Gibt es Dinge, die sich durch die Krankheit positiv in deinem Leben verändert haben?

Melanie: Ich bin das, was sich positiv verändert hat durch die Narkolepsie. Wenn ich zurückschaue, sehe ich, wie ich mich persönlich in dieser kurzen Zeit entwickelt und positiv verändert habe. Ich genieße die Dinge auch anders. Das heißt, ich sehe vieles nicht mehr
als selbstverständlich an und nehme auch vieles bewusster wahr. Ziele, die ich mir früher irgendwann mal gesetzt habe, versuche ich nun auch umzusetzen und meine Träume werden nicht mehr Hinten angestellt. Und dafür bin ich irgendwie auch sehr dankbar.

Pari: Zu guter Letzt: Was würdest du Menschen, die am Anfang ihrer Diagnose stehen, gerne mitgeben?

Melanie: Mir persönlich hat es geholfen sich mit anderen über ihren Erfahrungen auszutauschen. Man merkt damit auch, dass man nicht alleine ist. Ich habe alles, was mir unklar war, bei meiner Ärztin angesprochen, auch wenn es nur Kleinigkeiten sind.
Am Anfang der Narkolepsie ist man wie ein leeres Notizbuch, das sich nach und nach füllt, mit Erfahrungen und seinem eigenen Weg, wie man damit umgeht. Es ist in Ordnung mal genervt oder wütend zu sein auf alles. Aber ganz wichtig: Stay positive und finde deinen Weg.

Ursachen

Ursache der Narkolepsie ist wohl eine Funktionsstörung im Hypothalamus, also in dem Teil des menschlichen Gehirns, der die Schlaf-Wach-Regulation steuert.

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Ursachen der Narkolepsie

Narkolepsie-Typ 1

Beim Narkolepsie-Typ 1 wird ein autoimmuner Prozess vermutet. Der Körper zerstört seine eigenen Hypokretin-produzierenden Neurone, wodurch weniger Hypokretin produziert wird und der Hypokretin-Spiegel im Hirnwasser sinkt.

 

Narkolepsie-Typ 2

Beim Narkolepsie-Typ 2 ist die Hypokretin-Konzentration im Hirnwasser normal. Die Ursache für die Typ 2-Narkolepsie ist wissenschaftlich noch nicht verstanden.

Im Allgemeinen sind wohl Menschen mit einer genetischen Veranlagung gefährdet. Ist diese vorhanden, können Infektionen mit Streptokokken, oder auch eine vorangegangene Grippe zum Ausbruch der Krankheit führen.

Im Allgemeinen sind wohl Menschen mit einer genetischen Veranlagung gefährdet. Ist diese vorhanden, können Infektionen mit Streptokokken, oder auch eine vorangegangene Grippe zum Ausbruch der Krankheit führen.

Interessant ist, dass ein Zusammenhang zwischen der Schweinegrippe-Impfung 2009/10 und einem deutlich erhöhten Risiko für Narkolepsie besteht. In Finnland wurden circa siebenmal so viele Narkolepsie-Fälle nach der Schweinegrippe-Impfung festgestellt als im Vorjahreszeitraum. Auch in anderen Ländern trat ein Zusammenhang zwischen Impfung und Narkolepsie-Risiko auf.

Diagnose und Therapie

Menschen, die unter den genannten Symptomen leiden und gegebenenfalls Narkoleptiker in der Familie haben, sollten einen Arzt aufsuchen.

Fragebögen und Schlaf-Wach-Protokolle, also schriftlich niedergeschriebene Schlaf-Wach-Zeiten, können einen ersten Hinweis darauf geben, ob eine Narkolepsie vorliegt.

Außerdem können im Schlaflabor verschiedene Tests durchgeführt werden. Hier werden unter anderem die Hirnströme, die Einschlafzeit und die REM-Phasen gemessen. Ein frühes Einschlafen (in unter acht Minuten nach dem Hinlegen) und der frühe Eintritt in REM-Phasen (in unter 15 Minuten nach dem Einschlafen, normal ist nach 60 Minuten) geben einen Hinweis auf eine möglicherweise vorliegende Narkolepsie

Allgemein sollten Narkolepsie-Patienten auf eine gesunde Lebensweise und ausreichenden Schlaf achten. Sie sollten sich also gesund ernähren, ausreichend bewegen, in der Nacht ausreichend schlafen und ständige Rhythmus-Änderungen vermeiden. Tagesschlafphasen helfen, die Schläfrigkeit zu vermindern.

Auch medikamentös kann die Wachheit durch Stimulanzien beeinflusst werden. Einige Antidepressiva helfen gegen die Symptome der Kataplexie, sollten jedoch mit Bedacht verwendet werden.

Da der soziale Leidensdruck für viele Patienten sehr groß ist, diese sich für ihre Krankheit schämen und dadurch immer mehr isolieren, kann manchmal auch eine Psychotherapie sehr hilfreich sein.

Leben mit Narkolepsie

Narkolepsie ist eine chronische Erkrankung. Patienten mit Narkolepsie haben eine normale Lebenserwartung, auch wenn eine Chance auf vollständige Heilung bisher jedoch nicht besteht. Der Verlauf kann sehr variabel sein: mit symptomarmen Zeiten und wiederum Zeiten, in denen eine sehr schwere Schläfrigkeit besteht.

Die Symptome lassen sich jedoch sehr gut medikamentös behandeln, so dass Betroffene einem relativ normalen Leben nachgehen können.

Da die Schlafsucht ein anerkanntes Krankheitsbild ist, müssen auch Arbeitgeber Betroffenen Unterstützung anbieten. In manchen Betrieben gibt es eigens Räume für Narkoleptiker, in denen diese sich für kurze Zeit hinlegen können, um dann ausgeruht wieder ihrer Arbeit nachgehen zu können.

Die Symptome lassen sich jedoch sehr gut medikamentös behandeln, so dass Betroffene einem relativ normalen Leben nachgehen können.

Ein Leben mit Narkolepsie birgt sicher viele Schwierigkeiten. Mit ausreichender Unterstützung von Ärzten, Arbeitgebern und Familien können jedoch auch Narkoleptiker ein glückliches und fast normales Leben verbringen!

Häufige Fragen zum Artikel

Quellenverzeichnis

Benito Schilling

Medizinstudent und Schlafexperte

Benito ist Medizinstudent und und interessiert sich für alle Themen rund um Gesundheit, Sport und Schlaf. Sein Nebenjob im Schlaflabor eines Uniklinikums bringt ihn in unmittelbare Nähe von Schlafexperten, Neurologen mit der Zusatzbezeichnung Schlafmediziner, welche er frei heraus zu medizinischen Schlafthemen befragt, sobald er bei seinen Recherchen auf Unklarheiten stößt. Er selbst versucht seinen Schlaf jede Nacht auf's Neue zu optimieren und findet, Schlaf sei aus medizinischer Sicht einer der interessantesten Teile der menschlichen Physiologie. Benito ist unser Experte für alle medizinischen Themen rund um Schlaf, Schlafprobleme und der Physiologie dahinter.

benito@besserschlafen.de