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Lifestyle & Schlaf

Mysterium Zirbeldrüse: Drittes Auge und Schlafwunder

Konstantin Koller
Pari Sepehrband

Veröffentlicht von Pari Sepehrband am 24.08.2020

Glandula pinealis, Drittes Auge oder Ajna Chakra: die Zirbeldrüse trägt viele Namen. Welche Rolle die Zirbeldrüse für unseren Schlaf spielt und welche Mysterien sie sonst noch birgt, erfahrt ihr hier.

Zirbeldrüse und Schlaf

Die Zirbeldrüse, auch Glandula pinealis oder Epiphysis Cerebri genannt, ist eine endokrine Drüse und kommt bei Menschen, sowie einigen Tierarten vor. Zusammen mit der Hypophyse, auch Hirnanhangsdrüse, steuert sie die Ausschüttung der endokrinen Drüsen und ist für den Großteil der hormonellen Prozesse zuständig.

Die Zirbeldrüse befindet sich im Zentrum des Gehirns und ist Teil des Zwischenhirns, genauer des Epithalamus. Ihre Form ähnelt die eines Pinienzapfens.

Trotz ihrer unscheinbaren Größe von nur wenigen Millimetern, erfüllt die kleine Drüse wichtige Funktionen. Unter anderem spielt sie in Sachen Schlaf eine entscheidende Rolle. So wird das Schlafhormon Melatonin in der Zirbeldrüse produziert. In der zapfenförmigen Drüse befinden sich Melatonin produzierende Zellen: die Pinealozyten. Diese reagieren wie die lichtempfindlichen Zellen der Augen auf Lichtreize.

Bei Tageslicht produzieren die Zellen das sogenannte Glückshormon Serotonin, welches wiederum aus der Aminosäure L-Tryptophan erzeugt wird. Bei Dunkelheit wandeln die Zellen mithilfe einer Reihe Enzyme Serotonin in Melatonin um. Damit informieren sie den Körper über die aktuelle Hell-Dunkel-Phase und geben ferner das Signal: Schlafenszeit!

Unabhängig von der Melatoninproduktion in der Zirbeldrüse, wird das Schlafhormon auch in der Lunge, dem Darm und in der Netzhaut der Augen produziert.

Drittes Auge

Bereits im 3. Jahrhundert v. Chr. erwähnt der griechische Anatom Herophilos aus Alexandria (um 330 bis 255 v. Chr.) die Zirbeldrüse und bezeichnet sie als „Schließmuskel, der die Gedanken kontrolliert“. Später sieht der französische Philosoph und Naturwissenschaftler René Descartes (1596 bis 1650) in der Zirbeldrüse den Sitz der Seele und damit den wichtigsten Kommunikationspunkt zwischen Leib und Seele:

Es gibt eine kleine Drüse im Gehirn, in der die Seele ihre Funktion spezieller ausübt als in jedem anderen Teil des Körpers.

Seit Jahrhunderten ist die Zirbeldrüse Gegenstand etlicher Forschungen und doch birgt das Organ in der Größe einer Erbse immer noch einige Rätsel. In dem überlieferten Wissen uralter Kulturen findet man einige Verweise auf die Zirbeldrüse. Neben ihrer biochemischen Bedeutung, wird der Zirbeldrüse hier eine große Bedeutung für die Vermittlung zwischen physischen und geistigen Vorgängen beigemessen.

In vielen alten Kulturen, darunter die hinduistischen, tibetischen, ägyptischen, griechischen oder taoistischen Kulturen, war man sich über die Bedeutung der Zirbeldrüse einig: Sie sahen sie als den Weg zur wahrhaftigen Erkenntnis. Nicht etwa durch die Augen, sondern durch die Zirbeldrüse könne der Mensch die Welt unverfälscht wahrnehmen und erfahren. Später erhielt die Zirbeldrüse den mystischen Namen „Drittes Auge“.

Der griechische Arzt Galen aus Pergamon (130 bis 210 v. Chr.) nannte die Zirbeldrüse „Meisterdrüse“. Im alten Ägypten ist sie als das „Auge des Horus“ bekannt. Weitere Namen sind „Himmelsauge“ oder „Kristallpalast“. Nach hinduistischer Tradition entspricht das „Dritte Auge“ dem „Ajna-Chakra“. Das Ajna-Chakra ist eines der sieben Chakren, die als energetische Zentren fungieren:

...[Es kontrolliert] die Verbindung zum Höheren Selbst, die Intuition, die außerkörperliche Erfahrung, das Hellsehen, ein universelles Bewusstsein und Todeserfahrungen. (Saraswati 1972)

Das Dritte Auge oder auch „Ajna-Chakra ist auf einigen spirituellen Symbolen zu finden. Eines dieser Symbole ist der Bindi, ein aufgemalter Punkt zwischen den Augen auf Stirnhöhe, der von hinduistischen Frauen getragen wird. Aber auch auf buddhistischen Stupas und hinduistischen Statuen taucht die Symbolik auf.

Die Meditation, das Gebet, Yoga und andere spirituelle Praktiken gelten als Methoden, mit denen die Wirkung und Funktionen der Zirbeldrüse aktiviert und verstärkt werden können.

Neben Serotonin und Melatonin, wird in der Zirbeldrüse auch unter anderem Dimethyltryptamin (DMT) gebildet. DMT ist ein Tryptamin Alkaloid mit halluzinogenen Eigenschaften. Es wird auch das „Molekül des Bewusstseins“ genannt. Es war der US-amerikanische Pharmakologe und Neurochemiker Julius Axelrod, der im Jahr 1972 entdeckte, dass DMT in der Zirbeldrüse produziert wird.

Seit dem Jahr 1955 wurde die Substanz in einer Vielzahl anderer Organismen gefunden. Darunter 50 Pflanzenarten und vier Tierarten. Eine dieser Pflanzen ist die Liane Banisteriopsis caapi oder auch Ayahuasca. Der Sud der Liane wird von indigenen Völkern Südamerikas in spirituellen Zeremonien verwendet und dient der Ermöglichung transzendentaler Erfahrung und Heilungsriten.

In welchen Mengen die Zirbeldrüse DMT produziert ist heute immer noch umstritten. Die Vielzahl der Theorien, die im Laufe der Geschichte um die Funktion und Bedeutung der Zirbeldrüse entstanden sind, zeigen, dass das kleine Organ seit jeher viele Fragen aufwirft. Auch wenn nicht alle dieser Theorien nach wissenschaftlichen Maßstab belegt sind, geben sie interessante Einblicke hinsichtlich der Beziehung zwischen Körper und Geist, beziehungsweise Materie und Geist.





Pari Sepehrband

Als Schauspielerin spielte Pari auf der Bühne und schrieb ihre eigenen Theatertexte. Nach ihrer Schauspielausbildung begann sie das Studium der Publizistik und Theaterwissenschaft. Mittelpunkt ihrer Arbeit ist ein ganzheitliches Verständnis über Gesundheit als Beziehung zwischen Geist und Körper.

pari@besserschlafen.de