Aktuelle Studien sollen zeigen, dass Einsamkeit zu Schlafstörungen führt. Andersherum sollen sich Menschen, die unter Schlafstörungen leiden, häufiger einsam fühlen. Wie sich die Beziehung zwischen Einsamkeit und Schlaf verhält, erfahrt ihr hier.
Aktuelle Studien sollen zeigen, dass Einsamkeit zu Schlafstörungen führt. Andersherum sollen sich Menschen, die unter Schlafstörungen leiden, häufiger einsam fühlen. Wie sich die Beziehung zwischen Einsamkeit und Schlaf verhält, erfahrt ihr hier.
Einsamkeit ist ein Empfinden, das mit emotionalem Schmerz und sozialer Isolation verbunden ist. Dabei bedeutet Einsamkeit nicht das Gleiche wie Alleinsein. So können wir zwar allein sein, müssen uns aber nicht zwangsläufig einsam fühlen. Im Gegenteil: Die Zeit, in der wir nur mit uns sind, kann für unser Bewusstsein und Wohlbefinden wertvoll sein. Gerade in stressigen Phasen kann die sogenannte „me-time“ (dt. Zeit nur für sich selbst) wichtigen Raum für Selbstpflege und Ruhe schaffen. Voraussetzung hierfür ist, dass der Rückzug bewusst und freiwillig gewählt ist und so auch wahrgenommen wird.
„Wir definieren Einsamkeit als die wahrgenommene Diskrepanz zwischen den tatsächlichen und den gewünschten sozialen Beziehungen. Das meint sowohl die Tiefe oder Intimität einer Beziehung als auch die Anzahl der Freunde oder Sozialkontakte, die man sich wünscht.“ So Susanne Bücker von der Ruhr-Universität Bochum."
Einsamkeit wird, im Gegensatz zum Alleinsein, als Belastung wahrgenommen. Wer einsam ist, fühlt sich vom Rest der Welt abgeschnitten und ungeliebt. Betroffenen fehlt es an Anerkennung von einem festen, sozialen Umfeld. Dabei ist das Gefühl von Einsamkeit nicht abhängig von der An – oder Abwesenheit anderer Menschen. So können wir uns in Mitten einer Menschenmenge befinden und fühlen uns trotzdessen einsam.
Erholsamer und ausreichender Schlaf ist einer der wichtigsten Eckpfeiler unserer Gesundheit, so der Schlafforscher und Leiter des Instituts für Schlafforschung und Bioenergetik Frastanz (AT) Dr. med. Günther W. Amann-Jennson. Während wir schlafen, verarbeiten wir Stress und die die damit verbundenen Anstrengungen des Tages. Körper und Geist können sich regenerieren. Es sind insbesondere die Traumphasen, in denen emotionaler Stress und traumatische Erfahrungen verarbeitet werden. Die sogenannten REM-Phasen (Rapid Eye Movement dt. schnelle Augenbewegung), in denen wir am intensivsten träumen, sind für unser psychisches Wohlbefinden demnach am wichtigsten.
„Wir definieren Einsamkeit als die wahrgenommene Diskrepanz zwischen den tatsächlichen und den gewünschten sozialen Beziehungen." (Susanne Bücker, Ruhr-Universität Bochum)
Als Begründer der Psychoanalyse und der modernen Traumdeutung sprach bereits Sigmund Freud von der Wichtigkeit unserer Träume. Er sah Träume als Mittel der Kommunikation zwischen Unterbewusstsein und Bewusstsein und somit als der wichtigste Weg zur Selbsterkenntnis. Darüber hinaus sah er Träume als ein Mittel zur Heilung und Reinigung des Geistes. Jenes Erlebte, was im Alltag aus Selbstschutz verdrängt wird, wird in unseren Träumen auf geistiger Ebene verdaut. Unser emotionales und psychisches Wohlbefinden steht folglich in einem engen Zusammenhang mit unserem Schlaf.
Steht es um unser emotionales und psychisches Wohlbefinden nicht gut, so leidet als erstes meist die Qualität unseres Schlafes. Auf der anderen Seite gilt: Schlafen wir nicht gut, leidet unser emotionales und psychisches Wohlbefinden.
Wie Wissenschaftler der University of Chicago herausgefunden haben, wirkt sich Einsamkeit negativ auf unsere Schlafqualität aus. Demnach soll es bei einsamen Menschen häufiger zu Schlafunterbrechungen und einer generellen Unruhe während der Nacht kommen. Dies zeigte eine Studie aus dem Jahr 2011.
In der Studie wurde das Schlafverhalten einer christlichen Gemeinde in South Dakota untersucht. Bei den Hutterern handelt es sich um Menschen, die in traditionell geprägten Kommunen leben. Gerade aufgrund ihrer überwiegend einheitlichen Lebensweise sind die Hutterer schon seit vielen Jahren Gegenstand zahlreicher wissenschaftlicher Untersuchungen.
Für die Erfassung von Einsamkeit wurden zunächst 95 Probanden, im Alter zwischen 19 und 84 Jahren, mit Hilfe der Drei-Punkte-Skala (UCLA) befragt. Die UCLA-Einsamkeit-Skala (Orig.: UCLA loneliness scale) ist die anerkannteste und am häufigsten verwendete Messmethode zur wissenschaftlichen Erfassung von Einsamkeit. Entwickelt wurde sie 1980 von Wissenschaftlern der University of California in Los Angeles (Russell et al. 1980). Die Messmethode wurde mehrmals überarbeitet. Die Erstfassung besteht aus 20 Fragen.
Die UCLA-Drei-Punkte-Skala (Orig.: UCLA three-item loneliness scale ) ist eine im Jahr 2004 überarbeitete und verkürzte Version der Erstfassung (Hughes et al. 2004). Sie besteht aus drei Fragen:
1. Wie oft haben Sie das Gefühl, dass ihnen Gesellschaft fehlt? (Orig.: How often do you feel that you lack companionship?)
2. Wie oft fühlen Sie sich ausgeschlossen? (Orig.: How often do you feel left out?)
3. Wie oft fühlen Sie sich von anderen Menschen ausgeschlossen? (Orig.: How often do you feel isolated by others?)
Das Antwortmodell ist drei-stufig (null=selten, eins=manchmal, zwei=oft) Aus diesem Fragemodell ergibt sich ein Einsamkeits-Wert, der von null (nicht einsam) bis sechs (sehr einsam) reicht. (Quelle: www.ncbi.nlm.nih.gov)
Um den Einfluss von Einsamkeit auf Schlaf zu untersuchen, wurde anschließend das Schlafverhalten der Probanden überwacht. Dies geschah mit Hilfe einer speziellen Armbanduhr (Aktimeter), die die Probanden eine Woche lang um ihr Handgelenk trugen. Der Aktimeter konnte die Bewegungen der Probanden messen und so Rückschlüsse über ihre Schafqualität (Schlafdauer und Schlafunterbrechungen) geben.
Das Ergebnis: Die Probanden, die in der Drei-Punkte-Skala höhere Einsamkeits-Werte aufwiesen, erlebten während der Nacht häufiger Schlafunterbrechung als jene mit niedrigeren Einsamkeits-Werten. Es gibt demnach einen klaren Zusammenhang zwischen Einsamkeit und unruhigem Schlaf. Bezüglich der Schlafdauer konnte hingegen kein nennenswerter Unterschied festgestellt werden.
Bemerkenswert ist, dass sich die Gemeinde der Hutterer durch eine starke Einbindung seiner Mitglieder in das sozioökonomische Leben auszeichnet. Folglich fielen die Einsamkeits-Werte der Probanden im allgemeinen Vergleich noch relativ gering aus. Dies zeigt, dass sich bereits kleine Mengen Einsamkeit negativ auf unseren Schlaf auswirken.
Bereits im Jahr 2002 machte eine Studie den Einfluss von Einsamkeit auf Schlaf deutlich. Die Wissenschaftler der University of Chicago untersuchten damals den Einfluss von Einsamkeit auf die Schlafqualität von College-Studenten. Auch damals konnte Einsamkeit als Einflussfaktor für unruhigen Schlaf ausgemacht werden. Da College-Studenten jedoch nur einen kleinen Teil der Gesellschaft ausmachen und andere Einflussfaktoren nicht ausgeschlossen werden konnten, galt die Studie als wenig repräsentativ.
Den Grund dafür sehen Forscher in der Evolution frühen menschlichen Verhaltens. Für den Schutz und das Überleben der Menschen war die Gemeinschaft, das soziale Umfeld, sehr wichtig. Gerade in der Dunkelheit der Nacht war der Schutz durch die Gruppe überlebenswichtig. Wer nachts alleine und ohne den Schutz anderer Menschen schlief, machte sich angreifbar.
Heute haben wir Türen und Schlösser, mit denen wir uns vor potenziellen Feinden schützen können. Die Abwesenheit eines festen, sozialen Umfelds und das Gefühl der Isolation führen jedoch noch heute instinkthaft zu Angst und Unsicherheit. Die Folge sind häufiges Aufwachen während der Nacht und eine generelle Unruhe. Ein evolutionäres Überbleibsel, meinen Wissenschaftler.
Dass Schlafstörungen sich negativ auf unsere Gesundheit auswirken ist durch zahlreiche Studien bewiesen. Neueste Studien zeigen zudem, dass Schlafstörungen zu Einsamkeit bei Betroffenen führen können.
Ein Mangel an Schlaf beeinträchtigt unser psychisches Wohlbefinden. Auch kann ein generelles Gefühl der Kraftlosigkeit entstehen, wodurch wiederum unsere Leistungsfähigkeit leidet. Die Schlafprobleme fungieren als eine Art Katalysator für soziale Isolation. Betroffene ziehen sich weiter zurück und meiden zwischenmenschliche Interaktionen.
Einsamkeit findet über eine emotionale Dimension statt. Zwar gibt es Messmethoden, wie die UCLA Einsamkeits-Skala, Einsamkeit zu messen und empirisch zu untersuchen, bleibt trotzdem schwierig. Oftmals wird Alleinsein mit Einsamkeit verwechselt. Ferner ist Einsamkeit ein Thema, das mit Scham und Schmerz verbunden ist: Darüber offen zu sprechen, kostet Überwindung. Die Angst vor Verletzlichkeit führt dazu, dass Einsamkeit im Verborgenen ausgehandelt wird und von der Wissenschaft nicht repräsentativ erfasst werden kann. Die tiefe Sehnsucht nach Nähe bleibt.
Aufgrund der aktuellen Lage gelten zur Zeit Ausgangsbeschränkungen. Obgleich es sich dabei um notwendige Maßnahmen zur Eindämmung der Ausbreitung des Coronavirus handelt, stellen sie nichtsdestotrotz für viele Menschen eine emotionale und psychische Belastung dar. Dies gilt unter anderem für Menschen mit psychischen Erkrankungen, alleinstehende und/oder ältere Menschen und jenen, die bereits unter Einsamkeit leiden. Aber Menschen, die bisher frei von Einsamkeits-Gefühlen waren, kann die aktuelle Lage zu schaffen machen. Hier findet ihr ein paar Tipps gegen die Einsamkeit von uns:
An folgende Hilfsorganisationen könnt ihr euch kostenfrei wenden:
Telefonseelsorge Berlin e.V.: 0800/11 10 111 oder 0800/11 10 222
Silbernetz e.V. (Hilfetelefon für einsame Menschen): 0800/47 08 090
Hotline für Nachbarschaftshilfe: 0800/86 65 544
Hilfetelefon „Gewalt gegen Frauen“: 0800/11 60 16
Kinder und Jugendtelefon - Nummer gegen Kummer e.V.: 0800/11 61 11
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