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Lifestyle & Schlaf

Die Morgenlatte und nächtliche Erektionen

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Benito Schilling

Veröffentlicht von Benito Schilling am 26.09.2019

Der Penis gesunder Männer wird mehrmals in der Nacht steif, oft ist er es auch kurz nach dem Aufwachen. Welche Vorgänge zur nächtlichen Erektion führen, was es mit der Morgenlatte auf sich hat und warum ein Ausbleiben der Erektion Hinweis auf verschiedene Krankheiten sein kann, erfahrt ihr hier!

Circa drei bis sechs Mal pro Nacht bekommen gesunde Männer einen steifen Penis, eine sogenannte nächtliche Erektion. Mediziner bezeichnen diesen Vorgang als „nocturnal penile tumescence“ („nächtliches Anschwellen des Penis“) und ordnen ihn einem Überprüfungs-, sowie Trainingseffekt des Körpers zu. Viele Männer erwachen des Öfteren zu einem Zeitpunkt, an welchem der Penis gerade erigiert ist (morgendliche Erektion) und sprechen dann umgangssprachlich von einer „Morgenlatte“.

Warum bekommen Männer nächtliche Erektionen?

Entgegen dem Irrglauben, nächtliche Erektionen würden durch erotische Träume ausgelöst, sind diese relativ Traum-unabhängig und haben eher mit physiologischen Vorgängen im Körper zu tun als mit den Träumen im Kopf. Natürlich können auch sexuelle Fantasien zu einem steifen Glied während der Nacht führen, allerdings ist dies dann nicht die „normale“ nächtliche Erektion, welche völlig unabhängig davon stattfinden kann.

Bis ins Detail haben Mediziner den Vorgang der nächtlichen Erektion noch nicht entschlüsselt, allerdings glauben viele von ihnen, der Körper überprüfe in der Nacht einfach seine Funktionen und trainiere das Gewebe des Penis. Während einer Erektion strömt vermehrt Blut und somit auch Sauerstoff in das Gewebe des Penis. Diese bessere Durchblutung und Versorgung mit Sauerstoff des Gewebes erhält die natürliche Funktion und „trainiert“ das Glied.

Was passiert im Körper während einer nächtlichen Erektion?

Der Körper durchläuft in der Nacht verschiedene Schlafphasen, vereinfacht mehrere non-REM (Rapid Eye Movement)-, und REM-Phasen. Während der REM-Phasen träumen wir vermehrt, die Skelettmuskulatur des Körpers ist vollkommen entspannt und Blutdruck sowie Herzfrequenz steigen.

Während dieser REM-Phasen kommt es dann auch zu nächtlichen Erektionen.

Das liegt wohl daran, dass bestimmte sympathische Neuronen im „Locus coereleus“ des Stammhirns während der REM-Phase des Schlafs abgeschaltet sind. Es wird vermutet, die Hemmung dieser sympathischen Neuronen sorge dafür, dass nun andere neuronale Leitungsbahnen, welche die Erektion fördern, verstärkt Impulse senden können.

Nächtliche Erektionen können bis zu einer halben Stunde anhalten und mehrmals in der Nacht auftreten.

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Sympathikus, Parasympathikus und die Erektion:

Sympathikus

Der Sympathikus ist ein Teil des vegetativen Nervensystems des Körpers und erhöht bei tatsächlicher oder psychisch gefühlter Belastung die Aktionsbereitschaft des Körpers. Dies wird auch als sogenannte „Fight-or-Flight“-Reaktion beschrieben. Hierbei erhöht der Sympathikus die Herzfrequenz und den Blutdruck, schüttet vermehrt Energie aus und bereitet sich so auf den Kampf oder die Flucht vor, welche physische Energie und Aufmerksamkeit erfordern.

 

Parasympathikus

Der Parasympathikus ist der Gegenspieler des Sympathikus im vegetativen Nervensystem und somit während der Ruhephasen aktiv. Er sorgt dafür, dass der Körper sich entspannt, senkt Herzfrequenz und Blutdruck und leitet Blut in die verdauenden Organe.

 

Erektion

Eine Erektion kommt zustande, während der Parasympathikus aktiviert ist, eine Sympathikus-Aktivierung verhindert diese eher. Durch sexuelle Erregung entspannen sich die Wände der dem Penis Blut zuführenden Arterien. Blut strömt in das Glied und die Schwellkörper. Durch das Anschwellen des Penis werden Blut abführende Venen abgedrückt und der Penis bleibt steif.

Sorgt eine gefüllte Blase für eine Morgenlatte?

Es ist nicht ungewöhnlich, am Morgen mit einer gefüllten Blase und akutem Harndrang aufzuwachen. An manchen Tagen gesellt sich dann noch eine Erektion oder auch „Morgenlatte“ (eng. Morning Wood) dazu. Viele halten die gefüllte Blase für die Ursache der morgendlichen Erektion. Erklärt wurde dies durch den Druck, den eine gefüllte Blase auf die Prostata habe und somit zu sexueller Erregung führe.

An manchen Tagen gesellt sich dann noch eine Erektion oder auch „Morgenlatte“ (eng. morning wood) dazu.

Diese Erklärung ist allerdings nicht ganz physiologisch, da die Harnblase beim Erwachsenen keinen signifikanten Druck auf die Prostata ausüben kann. Auch verschwindet die Erektion meist nach einigen Minuten im Bett, auch ohne das die Blase entleert wurde. Wahrscheinlicher ist, die Erektion ist eine ganz normale nächtliche Erektion und der Zeitpunkt des Aufwachens lag innerhalb einer REM-Phase.

Hinzu kommt, dass die Konzentration des männlichen Geschlechtshormons Testosteron am Morgen seinen Höhepunkt erreicht und eine Erektion somit fördern kann.

Nächtliche Erektion bei Frauen

Auch das weibliche Geschlechtsorgan kann eine Erektion vollziehen. Dabei fließt vermehrt Blut in die Klitoris, Vagina und Schamlippen und vergrößert diese. Anders als beim Mann kommt bei der Frau der Vorgang der Lubrikation, also des Feucht-Werdens, hinzu. Besondere Drüsen innerhalb des Vaginaltrakts sondern dabei Schleim ab, welcher den Akt des Geschlechtsverkehrs erleichtern und Verletzungen des Geschlechtsorgans verhindern soll.

Ähnlich wie beim Mann kommt es auch bei der Frau drei bis sechs Mal in der Nacht während der REM-Phase zu einer Erektion und der damit verbundenen Vorgänge.

Abnahme oder Ausbleiben von nächtlichen Erektionen

Mit zunehmendem Alter kann es zu einer Abnahme der Zahl und Dauer nächtlicher Erektionen kommen. Allerdings können gesunde Männer auch bis in ein hohes Alter weiterhin nächtliche, wie auch normale, Erektionen bekommen.

Mit zunehmendem Alter kann es zu einer Abnahme der Zahl und Dauer nächtlicher Erektionen kommen.

Das Ausbleiben von nächtlichen Erektionen kann verschiedene Ursachen haben, meist fällt dies jedoch erst auf, wenn auch die Erektion während des Sex oder der Masturbation ausbleibt. Ist dies der Fall spricht man von einer erektilen Dysfunktion.

Eine erektile Dysfunktion kann verschiedene Ursachen haben und oft heilbar, in manchen Fällen aber auch von Dauer, sein.

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Erektile Dysfunktion

Psychische Ursachen

Stress, Ängste und Traumata können eine erektile Dysfunktion bedingen. Unsere Psyche hat enorme Auswirkungen auf unser Lustempfinden und kann eine Erektion verhindern. Um psychische von organischen Ursachen abzugrenzen, können verschiedene Untersuchungen vorgenommen werden. Darunter auch die Phallografie, bei der die Häufigkeit und Dauer der nächtlichen Erektionen gemessen wird.

 

Organische Ursachen

Schädigungen der Nerven und Blutgefäße können dazu führen, dass der Penis nicht mehr steif werden kann. Diese Schädigungen können durch Krankheiten wie Diabetes mellitus, Bluthochdruck, oder Arteriosklerose hervorgerufen werden. Auch der übermäßige Genuss von Alkohol und die Einnahme von Drogen kann zu einer erektilen Dysfunktion führen. Ebenso können verschiedene Medikamente wie zum Beispiel einige Antidepressiva die Libido mindern und eine Erektion komplett verhindern.

Phallografie: Die Messung von Erektionen im Schlaflabor

Während einer solchen Untersuchung wird ein „Erektometer“ am Penis des Patienten befestigt. Dies kann entweder aus zwei Ringen bestehen, die an der Eichel und am Schaft des Penis des Patienten wie ein Blutdruckmessgerät in der Nacht den Druck messen, oder aus Sensoren, welche die Hautdehnung messen.

Gemessen werden Flakzidität (Schlaffheit), Tumeszenz (Anschwellung), Rigidität (Härte) und Detumeszenz (Abschwellung).

Durch eine solche Untersuchung kann festgestellt werden, ob sich der Penis während der Nacht überhaupt erigiert, wie lange die Erektion anhält und ob die Erektion schlaff, oder hart ist. Die Ergebnisse erlauben Rückschlüsse auf die Ursache einer gegebenen erektilen Dysfunktion und können die weitere Therapie bestimmen.

Phallografie: Anwendungsgebiete

Potenzstörungen:

  • Bei einer vorliegenden erektilen Dysfunktion kann durch eine phallografische Untersuchung die Ursache näher eingegrenzt werden.

Feststellung der sexuellen Orientierung

  • In diesem sehr streitbaren Anwendungsgebiet kommt die Phallografie bei der bestimmung der sexuellen Orientierung von Männern zum Einsatz. Insbesondere bei der vermeintlich falschen Angabe einer Homosexualität soll so der Wahrheitsgehalt der Aussage überprüft werden. Homosexuelle Männer wurden vor vielen Jahren nicht zum Militärdienst in den USA eingezogen und so versuchten auch heterosexuelle Männer mit einer falschen Angabe diesem zu entgehen. Heutzutage geben manche Flüchtlinge an, wegen ihrer Homosexualität verfolgt zu werden. In Tschechien wurde die Phallografie deshalb auf freiwilliger Basis bei einigen Asylbewerbern angewandt. Die EU-Kommission untersuchte diese als entwürdigend zu bezeichnenden Tests, welche nach Aussage Tschechiens mittlerweile eingestellt wurden.

Aversionstherapie

  • Noch umstrittener und menschenverachtender ist die in den USA praktizierte Aversionstherapie. Diese wird zur „Korrektur“ von unerwünschten sexuellen Präferenzen oder Orientierungen eingesetzt. Dabei werden Jugendlichen Erektometer an den Penis gesetzt und sie werden den vermeintlich „falschen“ sexuellen Reizen in Form von Videoaufnahmen, Bildern, oder Tonbändern ausgesetzt. Sobald eine (Teil)-Erektion gemessen wird, erhalten die Probanden negative Reize wie zum Beispiel Elektroschocks.

Therapie einer erektilen Dysfunktion

Ausreichender Schlaf, eine gesunde Ernährungs- und Lebensweise (Nikotin- und Alkoholkarenz) und Sport können für sich genommen schon extrem positive Wirkungen auf die männliche Potenz haben. Vorhandene Erkrankungen sollten natürlich auch optimal therapiert werden.

Schwächelt das Glied trotz alledem, gegebenenfalls einfach durch das zunehmende Lebensalter, kann eine Therapie mit PDE-5-Hemmern, im Volksmund auch Viagra genannt, helfen.

Hierbei muss das Medikament gar nicht unbedingt vor dem Akt genommen werden, sondern kann während einer dreimonatigen Therapie vor dem Schlafen genommen werden. Die Einnahme vor dem Schlafen verbessert, so hat eine Studie gezeigt, die Häufigkeit und Dauer von nächtlichen Erektionen. Dieser „Trainingseffekt“ verbessert die Durchblutung und Versorgung mit Sauerstoff, dies fördert wiederum das Wachstum von glatten Muskelzellen und stoppt die Vermehrung von Kollagen. Das Resultat ist eine verbesserte Potenz.

Eine solche Therapie kommt allerdings nur für bestimmte Männer in Frage und sollte unbedingt mit einem Arzt abgesprochen werden.

Häufige Fragen zum Artikel

Quellenverzeichnis

Benito Schilling

Medizinstudent und Schlafexperte

Benito ist Medizinstudent und und interessiert sich für alle Themen rund um Gesundheit, Sport und Schlaf. Sein Nebenjob im Schlaflabor eines Uniklinikums bringt ihn in unmittelbare Nähe von Schlafexperten, Neurologen mit der Zusatzbezeichnung Schlafmediziner, welche er frei heraus zu medizinischen Schlafthemen befragt, sobald er bei seinen Recherchen auf Unklarheiten stößt. Er selbst versucht seinen Schlaf jede Nacht auf's Neue zu optimieren und findet, Schlaf sei aus medizinischer Sicht einer der interessantesten Teile der menschlichen Physiologie. Benito ist unser Experte für alle medizinischen Themen rund um Schlaf, Schlafprobleme und der Physiologie dahinter.

benito@besserschlafen.de